Heilung und Heil

Glaube, ganzheitliche Medizin und Lebenskunst

von Dr. med. et Mag. theol. Rupert Klötzl, Arzt und Theologe

"Denn weder Kraut, noch Wundpflaster heilte sie, sondern Dein Wort, o Herr, das alles heilt" (Weisheit 16, 12).

Heilung und Heil aus christlicher Sicht: Medizin und Esoterik?

Es handelt sich um einen sehr wertvollen Gastbeitrag eines erfahrenen Arztes und Theologen. Viele aktuelle Fragen (Esoterik!) werden kompetent aus authentisch christlicher Sicht behandelt. Damit wird eine wichtige Lücke geschlossen. Mag. Dr. Klötzl sei daher sehr herzlich für die Erlaubnis zur Veröffentlichung im Rahmen der Seiten von www.padre.at gedankt! Reaktionen können selbstverständlich an den Autor selbst, aber auch wie gewohnt per E-Mail oder Formular an mich gesendet werden. Padre Alex

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(Padre Alex)

Ein studierter Arzt und Theologe nimmt zu einem wichtigen Thema Stellung:

Einleitung

Die Medizin jeder Epoche steht in ihren Grundlagen in direkter Beziehung zum jeweils herrschenden Weltbild. Dem magischen Weltbild entspricht eine magische Medizin, dem naturwissenschaftlichen Weltbild eine naturwissenschaftliche.

Nun muß man fragen: Wie durchwirkte der christliche Glaube die Medizin?

Hier gilt es, auf die Anfänge in der Antike zurückzublicken und zu schauen, was das Christentum auf dem Boden der antiken Medizin bewirkt hat.

Der medizinische Traditionsstrom vom Altertum bis herauf zur Neuzeit versiegte mit dem Aufkommen der modernen Naturwissenschaft. Unser heutiges Denken ist nicht die organische Weiterentwicklung der hippokratisch-galenischen Medizin, die über den arabischen Raum nach Europa kam. Die ersten Ärzte hier waren Mönche gewesen, die das antike Erbe verbreitet hatten. Die damalige Heilkunde enthielt mangels naturwissenschaftlicher Forschungsmethoden im heutigen Sinn auch viele spekulative Annahmen über Ursachen und Zusammenhänge der Krankheiten. Man verwarf aber schließlich nicht nur diese unhaltbar gewordenen Spekulationen, sondern die gesamte Humoralpathologie. Auf Physik, Chemie und Anatomie wurde dann unsere heutige medizinische Theorie aufgebaut. Man gab damit aber eine auf genauer Beobachtung und viel Erfahrung aufgebaute "ganzheitliche" Systematik auf, die den Menschen als unteilbare Person begriff, ein Grundkonzept, das zeitlos gültig bleibt.

Was unter dem Wort "ganzheitlich", das heute in aller Munde ist, zu verstehen ist, müssen wir uns näher ansehen.

Die heutige Krise der Medizin rührt unter anderem daher, daß es keine einheitliche Krankheitstheorie mehr gibt und die Medizin in verschiedenste Systeme zerfällt. Ich möchte daher Anschluß an die teilweise vergessene abendländische medizinische Tradition suchen, ohne die heutige naturwissenschaftliche Medizin abzulehnen. Die Wissenschaft muß aber so betrieben werden, daß sie Gott und den Menschen dient und nicht als "wertfreie" materialistische Naturwissenschaft.1

Dabei gilt es zwei Quellen wieder zu erschließen.

Die Diätetik, verstanden im umfassenden Sinn der alten Medizin: Ordnung der grundlegenden Lebensfaktoren und die Aszetik, von Beginn an eng mit der Mystik verbunden.

Weil Diät und Askese oft mißverstanden werden, muß man ihren ursprünglichen Sinn wieder klarmachen und je nach Möglichkeit in die Tat umsetzen. Vorraussetzung dafür ist, sich die Grundverfassung des Menschen in Erinnerung zu rufen und auch die äußeren Bedingungen all unserer therapeutischen Bemühungen. Dabei werden leicht die Folgen der Erbsünde vergessen - ein heute vielfach unverstandenes und beargwöhntes Thema.

Schließlich muß ich auch noch den gegenwärtig sehr starken gnostisch-esoterischen Strömungen Rechnung tragen. Zu einer Unterscheidung der Geister ist ein Grundwissen darüber unerläßlich.

Im Rahmen dieser Schrift ist keine umfassende Darstellung all dieser Fragen möglich; es genügt aber zunächst, die wesentlichen Punkte herauszustellen und so einen allgemeinen Überblick zu ermöglichen.

Wien, im Advent 1996 Rupert Klötzl

"Kommt zu mir alle, die ihr müde seid und beladen, und ich will euch ausruhen lassen. Nehmt mein Joch auf euch und lernt von mir; denn ich bin gütig und bescheiden in meinem Herzen, und 'ihr werdet Ruhe finden für eure Seelen' (Jer 6, 16); denn gut zu tragen ist mein Joch, und meine Bürde ist leicht" (Mt 11, 28-30).



I. Gegebenheiten der Industriegesellschaft

Zwei Hauptphänomene beherrschen dieses Jahrhundert: Sucht und Depression, von namhaften Psychologen vielfältig beschrieben. Beide weisen auf einen Mangel an sinnerfülltem Leben sowie auf fehlende Erlebnisse hin, die einem Geborgenheit, Gutes, Wahres und Schönes vermitteln.

Ein erstes Problem stellen die äußeren Zwänge der Arbeitswelt dar. Sie verhindern nur allzuoft einen rhythmischen Tagesablauf: lange Anfahrtswege, Streß untertags, zu kurze oder überhaupt fehlende Ruhepausen bringen den Menschen aus dem Gleichgewicht.

Ein wesentlicher Punkt ist auch die Zurückdrängung des Handwerklichen zugunsten der Maschine. Im Produktionsablauf werden nur einzelne Arbeitsgänge durchgeführt, die Freude über die Fertigstellung eines Werkstückes fällt meist weg. Es regiert mechanisierte Monotonie. Der Mensch fühlt sich austauschbar und kann seine ganz persönlichen Fähigkeiten häufig nicht mehr einsetzen und entfalten.

Um diese Lebenswelt, die der eigenen Natur oft zuwiderläuft, auszuhalten, muß er sich betäuben - bewußt oder unbewußt . Nicht nur Alkohol und Drogen sind hier zu nennen, sondern auch allgemeine Übermüdung und Überreizung durch zu viel Arbeit und ständige mediale Berieselung. Wie leicht kommen so die Fähigkeiten abhanden zu staunen, aber auch klar zu denken oder sich zu sammeln.

Immer häufiger werden die sogenannten "Abendmenschen", die sich mühsam in der Früh aus dem Bett plagen und erst gegen Mittag richtig aufwachen. Es scheint, als habe sich der gesamte Tagesrhythmus zum Abend hin verschoben.

Wer empfindet heute noch, daß "Morgenstund' Gold im Mund hat?" Weil viele Menschen ihr Beruf nicht erfüllt, beginnen sie nach Dienstschluß "zu leben", um sich am nächsten Morgen unausgeschlafen aus dem Bett zu quälen. Oder sie überessen sich am Abend und stören dadurch den Schlaf. So sehen die Ärzte sehr oft chronisch übermüdete Patienten. Meiner Erfahrung nach leiden darunter ganz besonders Kreativität und Initiative, lediglich mechanische Tätigkeiten können in diesem Zustand noch einigermaßen verrichtet werden.

Auch auf anderen Gebieten ist es zu einer Verarmung gekommen. Viele Menschen bekommen heute ihr Essen aus Großküchen, wo es oft stundenlang warmgehalten wird und auf diese Weise viel von seiner Schmackhaftigkeit verliert. Lustlos und hastig wird dann gegessen und entsprechend freudlos und unbefriedigt ist man danach. Nur zu verständlich ist es daher, daß viele Leute Ersatzbefriedigungen suchen.

Im medizinischen Bereich ist die physikalische Krankenuntersuchung (Inspektion, Palpation, Perkussion, Auskultation), also die Diagnostik mit den Sinnen, durch die Technik stark zurückgedrängt worden. Der Patient wurde immer seltener "begriffen". Die Kluft zwischen menschlicher Begegnung und technischen Untersuchungsmethoden wurde immer größer. Dies bedeutet für Arzt und Patient einen großen Verlust, da - wie jede Kunst - auch die ärztliche Kunst auf dem Handwerk aufbaut, dessen Übung und Pflege aber stark vernachlässigt wird.

Auch im religiösen Bereich, ganz besonders in der Liturgie der Kirche, hat sich in den letzten Jahren das Erscheinungsbild deutlich verändert: vieles an Sakralität, mystischer Atmosphäre, Stille, Kerzen- und Weihrauchduft und Schönheit der Gewänder ist einer "Dominanz des gesprochenen Wortes" gewichen. 2

Wir leben demnach in einer Zeit, die die Menschen vielfach auch sinnlich verarmen läßt. Dies ist umso schwerwiegender, weil man heute weiß, welch große Bedeutung die Sinneseindrücke schon für die Entwicklung des Kindes haben, besonders für die Entwicklung des Gehirnes, für die Reifung und Bildung der Persönlichkeit. Durch die Abstumpfung der Sinne schwindet oder verfälscht sich der Bezug zur Realität. Es kommt zu Tagträumerei, "spinnen" von Gedanken, einem Rückzug ins Innenleben, der auch möglicherweise Beginn einer psychischen Fehlentwicklung (Sinnesverwirrung) sein kann. Manche Menschen beginnen dann, mit Hilfe von Meditationstechniken oder auch Drogen Bewußtseinserweiterung oder besondere Erlebnisse zu suchen; dann ist auch der Weg zu okkulten Praktiken nicht mehr weit.

Die geminderte Erlebnisfähigkeit kann auch das heute bei vielen Leuten so verbreitete Gefühl der Sinnlosigkeit verstärken. Sie befinden sich in einem Zustand des Dahinlebens, den der deutsche Psychiater Hans Müller-Eckhard schon in den 50er Jahren sehr treffend als "leidfreie Heillosigkeit" bezeichnet hat. Viele Situationen werden nicht bewältigt, durchlebt oder als Anlaß genommen zu möglicher Kurskorrektur, zu Gespräch und Reifung. Durch Medikamente werden Unlustgefühle, Spannungen oder andere Beschwerden rasch "weggemacht" und solcherart der gesamte Mensch wiederum gedämpft. Man ist zwar ohne Schmerz, aber auch ohne Freude, überhaupt im Gefühlsbereich wenig ansprechbar. Als Gegenreaktion darauf finden sich übertriebene Reize wie grelle Farben, überwürzte Speisen oder Sexualisierung und dröhnende Musik. Das rechte Maß ist verloren gegangen.

Dies alles spielt sich in einem geistigen Milieu ab, in dem Sammlung, Innehalten und Staunen selten geworden sind.

"The show must go on" - das Geschäft muß weitergehen und überhaupt das ganze komplizierte Räderwerk der betäubenden Betriebsamkeit. Nur nicht nachdenken. Die ganze Welt ist zum Ort des Produzierens geworden. Der Zwang, immer mehr und immer effektiver "Geld zu machen", ist zu einem gesellschaftlichen Zwang geworden.

Alles, was in diesem Sinn "nichts bringt", wird wegrationalisiert. Beschauliches Staunen wird zum Luxus. Es wird suggeriert, in allen Bereichen mittels der richtigen Technik eine entsprechende Lösung finden zu können. Auch Zufriedenheit, Gesundheit und Erfolg sind Fragen des richtigen "know-hows" geworden. Die Wirklichkeit wird psychologisch-subjektivistisch gedeutet, die Frage nach dem letzten Grund, nach Gott, nach dem Sinn des Daseins wird ausgeblendet, ja geächtet, zumal dann, wenn von objektiver, absoluter Wahrheit in Christus die Rede ist.

Auf diese Weise erscheint die Lösung der Probleme als noch fehlende wissenschaftliche Erkenntnis, es ist eine bloße Frage der Zeit, wann die Wissenschaft "soweit sein wird". Ohne es zu bemerken, hat man bereits den gnostischen Weg eingeschlagen.

Der Computer wird uns helfen, neue Erkenntnisse schneller zu verarbeiten. Löst eine Diät nicht das Verdauungsproblem, wird es die nächste tun. Hilft mir die eine Gemeinschaft nicht weiter, gibt es andere Gruppen, Meditationen oder Religionen.

Es existiere, so wird suggeriert, für alles eine Lösung. So lassen sich gut immer neue Diäten, Meditationen, "Spiritualitäten" anpreisen und auch gut verkaufen. Die entsprechenden Regale der Buchhandlungen sind daher auch reichlich bestückt.



II. Ganzheitlichkeit - Grundsätzliche Überlegungen

Unter den Begriffen "ganzheitlich" und "komplementär" wurden in der letzten Zeit Auswege aus der Einseitigkeit der modernen Medizin gesucht. Man darf jedoch nicht vergessen: eine wirklich umfassende Sicht wirft zusätzlich zu den medizinischen auch philosophische und religiöse Fragen nach dem Sinn von Gesundheit und Krankheit, nach Sinn und Ziel des Lebens auf. Das überschreitet das Gebiet der Medizin und die Kompetenz eines vorwiegend naturwissenschaftlich ausgebildeten Mediziners. Dies ist mit ein Grund, warum der Ausdruck "ganzheitlich" oft in einem falschen Sinn gebraucht wird. Ganzheitlichkeit bedeutet nämlich nicht die Anwendung möglichst vieler Spezialtherapien - egal ob von der universitären Medizin anerkannt oder nicht. Vielmehr geht es um die Öffnung auch für philosophische und religiöse Fragen und deren systematische Einbeziehung in die therapeutischen Überlegungen. Dies ist von einem scheinbar neutralen, "wertfreien" Standpunkt aus nicht möglich. Jeder muß sich auch hier zu seinem Glauben und seiner Weltanschauung bekennen.

Auf "ganzheitsmedizinischen" Akademien und Lehrgängen wird oft die Frage des Glaubens ausgeklammert; oder es werden indische oder chinesische Philosophie als Hintergrund vermittelt, leider nur selten das abendländisch-christliche Weltbild. Grundsätzlich wird richtigerweise für die Ganzheitsmedizin die Betrachtung des Menschen als Einheit von Geist, Seele und Leib gefordert. In der praktischen Umsetzung jedoch wird fast unmerklich wieder eine Reduktion vorgenommen: Die Methoden werden etwa als solche definiert, "die biologische Funktionen des Organismus zu physiologischer Arbeitsweise anregen." 3

In weiterer Folge werden diese komplementären Methoden dann mit kybernetischen Modellen, mit Informationsübermittlungen im elektromagnetischen Wellenbereich oder mit quantenphysikalischen Theorien zu erklären versucht - also wieder mit einer naturwissenschaftlichen, also reduktionistischen Denkweise. Fragen des Glaubens, des freien Willens, oder die Tatsache, daß nur der Mensch (im Gegensatz zu allen anderen Lebewesen) sich seiner Existenz bewußt ist, wird man nie mit solchen Methoden erklären können.

In diese Bereiche, die aber zur Ganzheit des Menschen dazugehören, kann man natürlich auch mit "energetischen Methoden" nicht eingreifen. Es wäre beispielsweise absurd, ja vermessen, zu glauben, die letzte und tiefste Ursache der Existenz von Krankheit und Leid, nämlich die Erbsünde und ihre Folgen, durch Verabreichung von "Bioinformationen" mittels homöopathischer Mittel oder irgendwelcher Geräte heilen zu können. "Nur, wer mit Gott versöhnt ist, kann ganz heil werden. Nur wer neu den Gehorsam lernt, den Adam und Eva einst verweigert hatten, kann in das Leben eingehen. Denn leben heißt glauben und lieben, im Glauben hören und im Glauben annehmen. Deshalb hat Jesus den kranken Menschen, die Heilung suchten, zuerst gesagt: 'Deine Sünden sind dir vergeben.' Das ist die eigentliche Heilung des Menschen. Die Gottferne wird überwunden, der Urriß geheilt" 4.

Die eigene Vorgabe der umfassenden Betrachtung wird nicht eingelöst, wenn diese tiefsten Dimensionen des Glaubens außer acht gelassen werden. Heilen im umfassendsten Sinn kann uns nur Gott - "Christus Medicus".

Für die konkrete Konsequenz des Handelns macht es daher einen enormen Unterschied, ob jemand an Jesus Christus glaubt, oder ob er Materialist ist, ob er als Hinduist an die Wiedergeburt glaubt, oder in der Esoterik "Erleuchtung" sucht. Die umfassendste Sicht und daher letztlich einzig wahre vermittelt allein die katholische Kirche. Wenn sie ihren absoluten Wahrheitsanspruch erhebt, wird sie heute vehement angefeindet. Christus sagt aber nicht, bei mir findest du "ein Stück deiner Wahrheit", sondern "Ich bin die Wahrheit", das A und O der gesamten Schöpfung, und Er ist gekommen, damit wir das Leben in Fülle haben. Blicken wir über die menschlichen Fehler und Schwächen der Kirche hinweg auf den Glauben selbst, den sie verkündet und lehrt.

Freilich muß man sich hier entscheiden, ob man an Christus glaubt oder nicht. Die Annahme des Glaubens umfaßt aber die Annahme der Offenbarung. Heute wird die gläubige Unterwerfung unter den Willen Gottes und die Lehre der Kirche, die ja nur verkündet, was ihr selbst geoffenbart und anvertraut wurde, oft als Unmündigkeit mißverstanden. In Wahrheit führt sie aber zur tiefsten Freiheit, der Freiheit der Kinder Gottes.

Der springende Punkt ist: vertraue ich letztlich auf meine eigene Kraft, oder lebe ich erlöst, gestärkt und geführt durch die Gnade auf Christus hin?

Der christliche Glaube hat die Welt zutiefst umgestaltet. Dies wird gerade dort am besten sichtbar, wo es um Heilung geht. Ohne Christentum gäbe es keine Caritas, keine Überwindung der Angst vor falschen Göttern und dunklen Mächten. Das Auftreten dieser Angst ist ja auch heute als Folge der "Glaubensverdunstung" wieder zu beobachten. Die Leute tragen Amulette, folgen Astrologen und Wahrsagern, "klopfen auf Holz" und ähnliches. Das ist Magie.

Das Christentum ist zunächst nicht eine Idee oder ein System moralischer Regeln, sondern eine Wirklichkeit, die auf historischen Fakten gründet. Die Erlösungstat Christi hat die gesamte Schöpfung wieder mit Gott verbunden, versöhnt und geheilt. Diese lebendige Wirklichkeit muß daher das Handeln des Menschen bestimmen, ganz besonders das des Arztes. Das therapeutische Tun hat sich daher dem letzten Ziel unterzuordnen und kann daher weder Hedonismus (Genußsucht), noch stoische Apathie, nicht höhere "Erleuchtungen" oder buddhistisches Aufgehen im Nirvana noch materialistisch-technokratischer Fortschrittsglaube sein.

Das letzte Ziel des Menschen ist die ewige Seligkeit in der Anschauung des einen, wahren und dreifaltigen Gottes. Das ewige Heil steht daher über der medizinischen Heilung. Soll katholischer Glaube nicht bloß zu einem ethischen "Zuckerguß" ärztlichen Handelns werden, das sich im medizinischen Denkansatz aber anderswoher bestimmt, sondern grundlegend die Medizin durchwirken, müssen wir den Anschluß dort suchen, wo man in der Medizin im katholischen Sinn ganzheitlich gedacht und gehandelt hat: bei den "regimina sanitatis" des Mittelalters. Zu dieser Zeit wurden Heilungsstreben und Heilsstreben in einem christlichen Weltbild geordnet und geübt. Diese Konzeption ist etwas durchaus aktuelles. Das Mittelalter war nämlich nicht "finster", sondern eine sehr lebendige und schöpferische Zeit. Die strahlenden Gesichter auf den Bildern der alten Codices und viele köstliche Darstellungen des damaligen Lebens sind nur ein Beispiel dafür.

Damals wie heute gilt: durch Christus, mit Ihm und in Ihm finden wir zur Fülle des Lebens. Das ist Ganzheit im höchsten Sinn, ohne daß wir dazu esoterische oder gnostische Methoden anwenden müssen. Im Gegenteil: diese Methoden verdunkeln uns durch ihren Selbsterlösungsanspruch den Weg zu Christus und sind daher mit unserem Glauben unvereinbar und abzulehnen.

Die Ansicht, daß Ganzheit die Beachtung aller medizinischen Richtungen und Denkweisen erfordere 5, ist daher falsch und offenbart ein Mißverständnis. Wenn man diesem Irrtum erliegt, muß man zwangsläufig zu der Meinung kommen, daß "der Wunsch nach einer ganzheitlichen Medizin prinzipiell unerfüllbar ist" 6, weil ein einzelner Arzt ja niemals für alle Dimensionen des menschlichen Wesens und für alle Therapiemethoden kompetent sein kann und auch nicht alles vereinbar ist. Allwissend ist nur Gott. Trotzdem kann es aber eine wirklich ganzheitliche Sicht geben, ohne daß man dazu die Anwendung aller verfügbaren Heilverfahren benötigt.

Ein weiterer Aspekt ist zu beachten. Natürlich wird auf dieser Welt der einzelne immer unvollkommen bleiben. Daher ist es verhängnisvoll, Ganzheit zu einem Mythos hochzustilisieren, der die Illusion der Möglichkeit vollkommener Gesundheit nährt.7 Das kann zu Frustrationen , ja zur Sucht führen. Ein anderer Irrweg besteht in der Anwendung immer neuer "alternativ-ganzheitlich-holistischer" Methoden, etwa in der folgenden Art:

"Wenn Lisa kocht, verbinden sich nicht einfach Kerbel und Kardamom. Lisa kocht holistisch. Schließlich gehe es auch beim Speisen um nicht weniger als die Wiederherstellung der verlorenen Ganzheit von Körper, Geist und Seele. Das Wissen um die inhärenten Kräfte jeglicher Gewürze und überhaupt aller Nahrungsmittel sei in früheren Zeiten allseits vorhanden gewesen. Es sei verschüttet worden, und nun gelte es, dieses Wissen von neuem zu verbreiten ... Susanne dagegen atmet Kriege weg. Mit jedem tiefen Ein und Aus sende sie positive Energie in den Kosmos. Täten es ihr nur genügend Menschen gleich, wäre die Erde längst ein harmonisiertes Paradies ohne Srebrenica, Ruanda oder Tadschikistan. Ihre sieben Klienten, die allwöchentlich mit Susanne um 700 Schilling ein Stündlein Lungen und Zwerchfell blähen, hätten das längst am eigenen Leib erfahren."8

Auf der Jagd nach utopischen Zielen leben wir vorbei am real Möglichen, mit allen damit verbundenen Unvollkommenheiten. Es gelingt dann nicht, Leiden positiv in das Leben zu integrieren. Christlich ausgedrückt heißt das "Kreuz tragen". Es ist Ausdruck einer Gesundheit im tieferen Sinn, alle Widrigkeiten immer neu zu überwinden und das Unabwendbare anzunehmen. Es erinnert an den Ausspruch eines Professors, der dem Patienten am Krankenbett sagt: "Um so viele Krankheiten wie Sie auszuhalten, muß man eine eiserne Gesundheit haben."

Man hört heute oft, daß es vielen Leuten egal sei, wie eine Heilmethode wirkt. Hauptsache wäre, daß sie wirkt. Es gelte der Slogan "Wer heilt hat recht".

"Gleichwohl ist das Konzept einer Ganzheitsmedizin kritisch nach seinen anthropologischen Prämissen und der Zielsetzung therapeutischer Maßnahmen zu befragen. Fragwürdig ist der Ansatz einer holistischen Medizin jedenfalls dann, wenn er auf der These beruht, der Mensch sei im Grunde seines Wesens heil und gut, so daß er sich im Grunde aus eigener Kraft heilen könne und die Aufgabe therapeutischen Handelns lediglich in der Beseitigung von Hemmungen auf dem Weg zu voller Selbstverwirklichung bestehe ... Theologisch gesprochen leidet alles Leben, auch das gesunde, an jener inneren Zerrissenheit, welche im biblischen Sprachgebrauch Sünde heißt und durch keine Selbstheilungskräfte überwunden werden kann." 9

Außerdem erfüllt sich die menschliche Identität in der liebenden Selbstüberschreitung auf Gott, den Mitmenschen und die Welt hin. Das kann jedoch in vereinzelter Selbstverwirklichung und -heilung niemals gelingen.

Bevor man sich also sogenannten ganzheitlichen Therapiemethoden anvertraut, muß man sich deren philosophisch-religiöse Grundlagen vor Augen halten und sich nicht von den angeblich wunderbaren Therapieerfolgen beeindrucken lassen. Das kann ohne Unterscheidung der Geister bedenklich werden. "Denn was nützt es einem Menschen, die ganze Welt zu gewinnen, aber Schaden zu nehmen an seiner Seele" (Mk 8, 36)?



III. Zur Orientierung:

Die Grundverfassung des Menschen

Im Rahmen der Überlegungen zur Ganzheitlichkeit haben wir gesehen, daß entscheidend wichtig ist, welches Menschenbild uns leitet. Das ist deshalb so bedeutsam, weil alle therapeutischen Maßnahmen die Entfaltung und Erfüllung des menschlichen Daseins seinem Wesen entsprechend unterstützen sollen.

Uns muß daher das Menschenbild leiten, das sich aus der Hl. Schrift ergibt. Die Kirche lehrt es uns.

Wer ist der Mensch?

Wie soll man das Verhältnis von Leib, Seele und Geist verstehen?

Die Verfassung des Menschen wird am besten aus seinem Ursprung und seiner Bestimmung erkennbar.

1. Geschöpflichkeit

"Gott hat uns erschaffen, damit wir ihn erkennen, ihn lieben, ihm in diesem Leben dienen und uns dann im anderen Leben für immer seiner erfreuen" 10.

Die Fähigkeit dazu hat uns Gott geschenkt, er läßt uns aber den freien Willen der Entscheidung für oder gegen ihn. Der Mensch ist vernunftbegabt, er hat den freien Willen. Er ist nach dem Abbild Gottes geschaffen, als Mann und Frau, aber er ist nicht selbst Gott.

"Weil er nach dem Bilde Gottes geschaffen ist, hat der Mensch die Würde, Person zu sein; er ist nicht bloß etwas, sondern jemand. Er ist imstande, sich zu erkennen, über sich Herr zu sein, sich in Freiheit hinzugeben und in Gemeinschaft mit anderen Personen zu treten, und er ist aus Gnade zu einem Bund mit seinem Schöpfer berufen, um diesem eine Antwort des Glaubens und der Liebe zu geben, die niemand anderer an seiner Stelle geben kann" 11.

2. Einheit von Geist - Seele - Leib

Unser Leib ist durch die unmittelbar von Gott geschaffene Geistseele durchwirkt.

"Die Einheit von Seele und Leib ist so tief, daß man die Seele als die Form des Leibes zu betrachten hat, das heißt die Geistseele bewirkt, daß der aus Materie gebildete Leib ein lebendiger menschlicher Leib ist. Im Menschen sind Geist und Materie nicht zwei vereinte Naturen, sondern ihre Einheit bildet eine einzige Natur" 12.

In der menschlichen Natur sind die geistige und die materielle Welt vereint.

"Eine Unterscheidung von Geist , Seele und Leib

(vgl. 1 Thess 5, 23) bedeutet keine Teilung. Die geistliche Tradition der Kirche legt auch Wert auf das 'Herz' im biblischen Sinn des 'Wesensgrundes' oder 'Inneren' (Jer 31, 33), worin sich die Person für oder gegen Gott entscheidet" 13.

Man darf nie vergessen, daß nach biblischer Auffassung die Seele erschaffen ist. Die Bibel unterscheidet also streng zwischen Schöpfer und Geschöpf. Daher ist die menschliche Geistseele Abbild Gottes, aber nicht (unabgrenzbarer) Teil des "göttlichen Weltgeistes".

3. Die Grundkräfte der Geistseele

"Dem Menschen ist die Seele gegeben an Stelle aller Wesensformen, damit der Mensch gewissermaßen das Ganze des Seienden sei, insofern die Seele gewissermaßen alles ist, weil sie aufnahmefähig ist für alle Formen (Wesensgestalten)" 14.

Durch Denken und Wahrnehmen kann das der Mensch konkret vollziehen. "Der menschlichen Geistseele (als Form und Vollzug des Leibes) Ziel und äußerste Vollendung ist: auf dem Weg des Erkennens und des Liebens die ganze Ordnung der geschaffenen Dinge zu durchschreiten, zu überschreiten und vorzudringen zum allerersten Urgrund und Uranfang, welcher Gott ist. Daher hat sie von Gott den Anfang ihres eigenen Ursprungs, den Grund ihrer eigenen Herkunft." 15

"Die geistige Seele des Menschen hat zwar die Funktion des Lebensprinzips, aber sie besteht (subsistiert) in sich selbst, d. h., sie ist auch ohne materiellen Leib existenzfähig und im materiellen Leib zu rein geistigen, vom materiellen Substrat innerlich unabhängigen Akten fähig. Ihr geistiges Wesen überragt also ihre Funktion am leiblichen Leben, wenn sie auch mit dem Leib eine substantielle Einheit, nämlich des einen und ganzen Menschen, ausmacht."16 Deshalb kann man auch bei einem Leichnam nicht mehr im vollen Sinn von einem menschlichen Leib sprechen. Umgekehrt ist zwar die Seele nach dem Tod und dem persönlichen Gericht fähig, Gott zu schauen. Sie sehnt sich aber nach dem Leib und daher ist der Mensch erst nach der Auferstehung der Toten am jüngsten Tag vollendet, wenn die Seele mit dem auferweckten, verklärten Leib zur Vereinigung gelangt ist.

Irreführend ist vor allem die gnostische Anthropologie. Sie lehrt, daß im Menschen ein göttlicher Geistesfunke wie in einem Grab "eingesperrt" sei. Durch Erkenntnis müßte sich der Mensch immer mehr von der widerspenstigen Leiblichkeit befreien und sich schließlich mit dem göttlichen Geist vereinigen. Diese Sicht setzt die Leiblichkeit herab. Sie ist auch mit dem Glauben an die Auferstehung eines verklärten Leibes nicht vereinbar.

Bei den Regungen und Handlungen des Menschen sind einzelne Fähigkeiten zu unterscheiden.

Die Denkseele (Noopsyche):

Ihr ist Verstand und Wille zuzuordnen. Mittels der höheren Denkleistungen, wie Abstraktion, Kritik, Vorstellungsvermögen, Planung und Phantasie, logisches Schließen und Erkennen können wir die Intelligenz-, Gedächtnis- und Werkzeugleistungen vollbringen.

Die Gefühlsseele (Thymopsyche):

Thymos bedeutet im Griechischen: Herz als Sitz der Gemütsbewegungen, weiters Leidenschaft, Verlangen, Lebhaftigkeit, Lebenskraft, Empfindungsvermögen oder Gemüt. Dementsprechend ist die sinnliche und ernährende Seele gemeint. Sie ist der Bereich der Affekte und Emotionen. Aber auch das Lebensgefühl von Lust und Unlust, die Biorhythmen und überhaupt die vegetativen Funktionen (Regulation von Blutdruck und Herzfrequenz, Geschlechtsfunktionen, Temperatur, Atmung und Stoffwechsel) sind hier zu Hause.

Wir bemerken, daß diese unsere Fähigkeiten beeinträchtigt sind, daß wir selbstsüchtig, voreilig und irrtumsanfällig sind und oft nicht so können wie wir wollen. Manche Fähigkeiten mißbrauchen wir sogar. Woher kommt das? Um das verstehen zu können, müssen wir uns mit einem häufig unverstandenen und vergessenen Thema befassen, mit der Erbsündenlehre. Sie hilft uns hier weiter.

4. Die Erbsünde

"Die Irrtümer, denen die heutige Menschheit anheim gefallen ist, sind kaum noch zu zählen. Bei genauerer Prüfung sind sie jedoch samt und sonders auf zwei letzte Negationen zurückzuführen. Die eine dieser Negationen bezieht sich auf Gott, die andere auf den Menschen. Von Gott behauptet man, daß er sich um das Wohl und Wehe seiner Geschöpfe nicht kümmere. Vom Menschen sagt man, daß er ohne Erbsünde in diese Welt getreten sei.

Es ist der Stolz, der diese zwei Entdeckungen gemacht und die Menschen unserer Tage für diese Idee gewonnen hat.

So begann denn der moderne Mensch zu glauben, daß er ohne Fehler und Makel sei und daher auf Gott verzichten könne. Er huldigte der schmeichelhaften Ansicht, daß er stark und schön sei, und so sehen wir heute einen Menschen vor uns, den das eigene Können aufgebläht und die eigene Schönheit berauscht hat" 17.

Das Wort Erbsünde löst bei vielen Menschen Befremden, ja Ärger aus. Macht man sich die Mühe, sich näher mit diesem Thema zu befassen, erschließen sich die tiefsten Gründe vieler menschlicher Verfehlungen, ja noch mehr: das gesamte Erlösungswerk Christi wird so erst verstehbar.

Alle Alternativen zum Erbsündendogma enden früher oder später im Naturalismus (Denkweise, bei der alles ohne Abgrenzung zu den übernatürlichen Ursachen ausschließlich auf die Natur zurückgeführt wird).

So glauben viele Menschen, man könne durch ein "natürliches" Leben wieder einen paradiesesähnlichen Zustand erreichen. Sie essen ausschließlich biologisch, wollen nur natürliche Heilmittel erlauben, naturnah leben bis hin zur Freikörperkultur. Aber der Mensch kann aus eigener Kraft nicht mehr ins Paradies zurück, trotz aller Sehnsucht danach. In der irrigen Ansicht des Naturalismus wird auch das Böse zu einer "natürlichen" Regung, wie etwa bei Konrad Lorenz die Aggression. Um nicht in diese Irrtümer zu fallen, wollen wir deshalb die kirchliche Erbsündenlehre in ihren Grundzügen betrachten: 18

a) Der Urstand des Menschen

- Von Gott-für Gott

Die Welt ist von Gott geschaffen (Gen 1,1), sie ist kein Zufall. Der Mensch ist Geschöpf. Die Schöpfung lädt den Menschen ein, Gott dafür zu loben und ihm zu danken. Wir vergessen oft auf das Gotteslob, ja sogar auf unsere Geschöpflichkeit. Die Welt aber ist die Mitteilung der Herrlichkeit Gottes. Das Ziel des Menschen ist nicht sein Selbst, sondern Gott. Auf Ihn hin sind wir geschaffen.

- Der Mensch im Paradies

Im Paradies lebte der Mensch in "ursprünglicher Heiligkeit und Gerechtigkeit" in einer vierfachen Harmonie: zu Gott, zu sich selbst, zum Mitmenschen und zur Welt.

Die Quelle der Pracht war die Freundschaft mit Gott. Der Leib war harmonisch der Seele gefügig, zwar sterblich, doch der Macht des Todes enthoben. Adam war von der dreifachen Begierlichkeit (1 Joh 2, 16) "Fleischeslust, Augenlust, Hoffart des Lebens" enthoben, nicht anfällig für Sinneslust, Begehren irdischer Güter und egoistische Selbstbehauptung. Es herrschte "Geradheit ohne Falsch" (Joh 1, 47), gegenseitige Offenheit, die Beziehung von Mann und Frau war Abglanz der Vertrautheit mit Gott.

Der Mensch lebte nicht vom Töten, sondern von den Früchten des Gartens, nicht Mühsal, sondern friedvolle Inbesitznahme sicherte sein Auskommen. Diese vierfache Harmonie ging durch die Ursünde des Menschen verloren.

- Einheit des Menschengeschlechtes

Die Menschheit ist von ihrem Ursprung her eine. Diese reale Verwandtschaft des Menschengeschlechtes aufgrund der gemeinsamen Stammeltern verkündet der hl. Paulus auf dem Areopag (Apg 17, 24-28). Die Differenzierung in verschiedene Rassen schließt den gemeinsamen Ursprung aus einem real ersten Menschenpaar, wie es der Glaube fordert, nicht aus.

b) Der Sündenfall

Sündenfall bedeutet, daß das Böse nicht ursprünglich in der Natur des Menschen lag mit all seinem Zwiespalt und seinen bösen Antrieben. Es hätte sich die Geschichte auch in der ursprünglichen Gottesfreundschaft entfalten können und der von Grund auf gute Mensch wäre ohne das Böse zu einer Größe aufgestiegen, von der wir uns heute keine Vorstellung machen können. Die Schöpfung ist in sich gut, gewirkt und gewollt von dem, der der Gute schlechthin ist. Die geistbegabte Kreatur ist vom Schöpfer auf den Weg zur Vollendung gestellt. Engel und Menschen gehen diesen Weg durch Schritte freier Wahl und nicht durch Instinktsteuerung. Dadurch, daß sie auch Irrwege wählen können, tritt das Böse in die Welt. Gott ist in keiner Weise Ursache des Bösen, läßt es aber zu, weil er die Freiheit des Menschen achtet, und aus dem Bösen auf Wegen, die sein Geheimnis bleiben, Gutes zu wirken vermag.

- Die Bewährung

Das Verbot, vom Baum der Erkenntnis von Gut und Böse zu essen und bei dessen Mißachtung sterben zu müssen, bedeutet nicht, daß Gott uns aus Eifersucht und Mißgunst etwas vorenthalten wollte. Gott hat uns als Sein Ebenbild geschaffen, als Auszeichnung. Er wollte aber, daß der Mensch erkennt, daß er die Schöpfungsordnung nicht selbst gemacht hat. Der Baum der Erkenntnis von Gut und Böse bezeichnet diese Grenze, die der Mensch nicht überschreiten darf, sondern anerkennen muß. Die Schlange hat dem Menschen eingeflüstert, er könne selbst wie Gott werden, aus eigener Kraft diese Grenze überschreiten. Die Bewährung für die Stammeltern bestand darin, aus freien Stücken die Würde, Bild Gottes zu sein, zu bejahen, aber auch die Grenze, Geschöpf zu sein. Sie haben sie nicht bestanden.

- Die Ursünde

Die Ursünde besteht im Ungehorsam gegen Gott. Im Weghören von Gott und der Wahrheit und im ungehorsamen Hinhören auf die Stimme des Versuchers sündigt der Mensch. Er trennt sich von Gott. Der Teufel, "Vater der Lüge und Menschenmörder von Anbeginn" (1 Joh 3, 8), stellt Gottes Gebote und Absichten verfälscht dar und stört dadurch den Bezug zur Schöpfung und den Geschöpfen. Aus dem offenen, ungetrübten Bezug zu Schöpfer und Schöpfung wurde begierige Habsucht, selbstbezogene Genußsucht und Machtstreben. Die Klarheit, zarte Frische und Unberührtheit der Schöpfung ist zerstört durch leidenschaftliche Selbstbezogenheit und Eigenliebe. Ihr sind Adam und Eva erlegen.

c) Die Folgen

Der Verlust der Gottesfreundschaft bewirkte den Verlust der ursprünglichen Herrlichkeit. Die Folgen für den Menschen waren Scham und Angst vor Gott. Die Harmonie von Leib und Seele war gebrochen. Die Schöpfung wurde dem Menschen fremd. In Mühsal muß er ihr nun abringen, was er vorher geschenkt bekam. Der Tod, den Gott weder geschaffen, noch gewollt hat (vgl. Weish 1, 13), hielt Einzug ins Leben des Menschen.

Die menschlichen Grundkräfte sind zwar geschädigt, geschwächt, bleiben aber im wesentlichen funktionsfähig. Albert Görres 19 spricht von einer seelischen Behinderung des Menschen. Fortan gibt es Fehlleistungen des Erkennens und des Strebens, auch im Bereich der Gefühle. Ein Bruch war eingetreten in die Beziehung von Mann und Frau, die fortan von Begierde und Beherrschen bestimmt ist.

Versuchung geschieht immer unter dem Schein des Guten. Es gibt unbegründete Angst, Schadenfreude und ein fehlgeleitetes Gewissen. Leid und Tod, die ungesicherte Existenz stürzen den Menschen in Angst und Sorge. Flucht, Abwehr- und Vermeidungsverhalten bestimmen oft das Tun. Der Mensch lebt im Unschuldswahn. Die Härten und Grausamkeiten des Lebens empfindet er als unverdient und fühlt sich ständig ungerecht behandelt. Häufig tritt er Gott zumindest latent in einer Vorwurfshaltung gegenüber, wie dieser solches zulassen könne.

Gleichzeitig finden wir oft Gleichgültigkeit, ja Mißachtung gegenüber den Rechten, Wünschen und Gefühlen der anderen.

Es ist heute für viele unverständlich, daß die Sünde Adams bleibende Folgen für alle Menschen hatte. "Durch einen einzigen Menschen kam die Sünde in die Welt und durch die Sünde der Tod; Durch den Ungehorsam des einen Menschen wurden die vielen zu Sündern" (Röm 5; 12, 19). Folge ist nicht nur der leibliche Tod, sondern auch die Weitergabe der Sünde selbst, "die der Tod der Seele ist" 20.

Wir werden alle im Zustand der Sünde, d. h. der inneren Trennung von Gott, durch Abstammung, nicht durch Nachahmung, geboren. Adam beging die Erbsünde persönlich als Tatsünde. Bei uns ist sie jener Zustand, in dem die Sünde der Stammeltern die menschliche Natur zurückgelassen hat. Es ist das Fehlen der Gottesfreundschaft, der Heiligkeit und Gerechtigkeit, die Adam sich und uns verlor. Dieser Zustand war und ist nicht durch menschliche Kräfte überwindbar, sondern allein durch den Erlösungstod Jesu Christi am Kreuz.

Adam hatte eine universale Berufung. Bei ihm lag das Geschick aller, so wie in Christus das Heil aller liegt. Weil alle Menschen in der Natur, die sie vom Stammvater haben, übereinkommen, sind sie als Glieder Adams auch in seine Sünde einbegriffen. Evas Ungehorsam ist dem Gehorsam Mariens bei der Verkündigung durch den Engel gegenübergestellt: "Siehe, ich bin eine Magd des Herrn, mir geschehe nach Deinem Worte." Wir sehen, wie Erbsünde und Erlösung untrennbar zusammengehören. In den Heiligen ahnen wir am ehesten etwas von der ursprünglichen Pracht des Menschen; doch auch sie haben die Narben der Sünde. Nur Maria ist "tota pulchra", die makellos Schöne. Sie hat das Antlitz der Frau, wie Gott sie ursprünglich geschaffen hat - wie Eva vor dem Sündenfall.

Erst im Licht Christi erscheinen die Tragweite der Erbsünde und ihre Folgen. So wie in Adam alle zu Sündern wurden, hat Christus alle gesühnt und Wiedergutmachung geleistet. Niemand kann in das Reich Gottes eingehen, wenn er nicht wiedergeboren wird aus Wasser und Hl. Geist (Joh 3, 5). Die Taufe tilgt die Erbsünde und erschließt so die Zugehörigkeit zum Volke Gottes. Durch die Erlösung wird die ursprüngliche Einheit mit Gott und untereinander wiederhergestellt. Die durch die Sünde zersplitterte Einheit wird wieder hergestellt, indem der Getaufte in den mystischen Leib Christi, die Kirche eingegliedert wird. Bis zum jüngsten Tag bleibt jedoch der Kampf mit den Folgen der Erbsünde im Leben des Einzelnen und in der Gemeinschaft bestehen.

Es bedarf eines harten und ausdauernden Kampfes, die Neigung zum Bösen einzudämmen, die wir trotz der Taufe behalten. Nur "wer recht gekämpft hat, wird gekrönt" (2 Tim 2, 5). Durch die Taufe und die anderen Sakramente werden wir nicht nur dazu gestärkt, sondern erhalten auch die Keime des Guten, die die Tugenden begründen und uns zum Tun des Guten geneigt machen.

Gott hat den Sündenfall zugelassen, weil er die Freiheit des Menschen bis zur letzten Konsequenz achtet. Er läßt das Übel zu, damit daraus Besseres hervorgehe. Deshalb sagt Paulus: "Wo aber die Sünde sich mehrte, da strömte über die Gnade" (Röm 5, 20).

Man sieht also, daß alle Fragen um Gesundheit und Krankheit, Natur und Gnade, Schuld und Erlösung nicht an der Frage der Erbsünde vorbeikommen. Wer ständig so tut, als wären ihre Folgen nicht vorhanden, wird der menschlichen Befindlichkeit grundsätzlich nicht gerecht. Nur die Beachtung dieser tieferen Zusammenhänge kann uns die richtige Einschätzung der therapeutischen Möglichkeiten und Grenzen geben.

Nach Gregor v. Nazianz bedarf es der Heilkunst des Arztes und der des Seelsorgers. "Die eine bezweckt, Gesundheit und Wohlbefinden des Körpers zu erhalten oder wiederherzustellen ... Die andere Heilkunst aber hat die Aufgabe, die Seele zu beflügeln, der Welt zu entreißen und Gott zu geben, das Ebenbild (Gottes) zu erhalten, in der Gefahr zu führen oder im Falle der Vernichtung wiederherzustellen, durch den Geist in den Herzen für Christus Wohnung zu bereiten und - was die Hauptsache ist - den Menschen, der einer höheren Ordnung angehört, der göttlichen Natur und der himmlischen Seligkeit teilhaft zu machen" 21.

Der hl. Thomas lehrt: "Die Gnade baut auf die Natur auf und vollendet sie." Zunächst müssen wir also auf dem Weg der Heilung und Vervollkommnung die natürlichen, allerdings in verschiedener Weise geschwächten, menschlichen Vorraussetzungen so weit wie möglich ins rechte Maß bringen. Diese Aufgabe fällt in den ärztlichen Bereich und wurde schon in der hippokratischen Medizin der griechischen Antike in ein bis heute gültiges System gebracht.



IV. Diät als Lebensordnung

Der praktische Teil der Heilkunst ruht auf drei Säulen: Pharmazie, Chirurgie und Diät (=Lebensordnung).

Die Kunst des Arztes besteht darin, die zum gegebenen Zeitpunkt richtige Therapie oder auch eine Kombination verschiedener Therapien zu finden und dem Patienten zu verabreichen.

Die Bereiche der Pharmazie und Chirurgie haben durch den enormen Fortschritt der Naturwissenschaften während der letzten 150 Jahre einen entsprechend großen Aufschwung genommen, der Bereich der Lebensordnung geriet weitgehend ins Hintertreffen. Da aber die Lebensordnung Grundlage und Zusammenhalt aller Therapien ist, sollte man sie wieder systematisch in den Mittelpunkt stellen.

1. Diätbegriff

Lebensweise, persönliche Lebensart und Lebensbereich, die der Stellung und Aufgabe eines Menschen entsprechen, werden mit dem gr. Wort "Diaita" bezeichnet. Dieser Begriff findet sich zum erstenmal bei Pindar v. Theben und Aischylos im 5. vorchristlichen Jahrhundert. Im Alten Testament kommt er vor allem im Buch Hiob mehrmals vor und bedeutet Zelt, Wohnung, überhaupt den gesamten Lebensbereich. Diese ursprünglich umfassende Bedeutung von Diät als dem gesamten Lebensraum, den es zu ordnen gilt, hat sich mit der Zeit eingeengt auf die Ordnung von Essen und Trinken.

2. Ziel der Diät

a) Antike

Nach dem Verständnis der griechischen Antike ist die Störung der natürlichen Ordnung eine Schuld, die als Strafe der Götter Krankheit bewirkt. Heilung geschieht durch Wiederherstellung der Ordnung (Katharsis, Reinigung, Läuterung), im körperlichen ebenso wie im geistig-religiösen Bereich. Aufgabe des Arztes ist es, durch eine individuell abgestimmte Regulierung der alltäglichen Lebensabläufe diese verlorengegangene Ordnung wiederherzustellen, aber auch, der Entstehung von Krankheit vorzubeugen.

Ziel und Vorbild in körperlicher Hinsicht war das Ideal der griechischen Schönheitsgötter Apollo und Aphrodite, wie es die antiken Statuen darstellen. Da es keinen Glauben an ein vollendetes Leben nach dem Tod gab, höchstens die Erwartung eines Schattendaseins im Hades, war alles Streben auf das irdische Leben ausgerichtet und auch darauf beschränkt. Durch Einhaltung der religiösen und weltlichen Gesetze kann man wieder rein, gut und schön werden.

Eine deutliche Parallele findet sich auch im jüdischen Denken. Die Mißachtung des Gesetzes zieht Unreinheit, Schuld und Krankheit nach sich; seine Einhaltung hingegen bewirkt Reinheit und Vollkommenheit. Schon in den Schriften des Alten Testamentes, besonders im Buch Hiob, findet man Berichte über Krankheit und den Sinn des Leidens eines Gerechten, gleichsam als Vorausschau auf das christliche Denken. Wie verbreitet aber im Judentum zur Zeit Christi noch die alte Sicht war, daß Krankheit die Folge persönlicher Schuld ist, erkennen wir an der Frage der Jünger beim Anblick des Blindgeborenen: "Rabbi, wer hat gesündigt, dieser oder seine Eltern, daß er blind geboren wurde?" Jesus bricht mit diesem Denken und antwortet: "Weder dieser hat gesündigt noch seine Eltern. Vielmehr sollen die Werke Gottes an ihm offenbar werden" (Joh 9, 1-3).

b) Christentum

Das Christentum bringt durch seine Ausrichtung auf die ewige Vollendung eine radikale Veränderung des Wertsystems und damit auch eine veränderte Sicht von Krankheit und Leid. Plötzlich zählen nicht mehr die alten Ideale der stoischen Empfindungslosigkeit oder der levitischen Reinheit, vielmehr werden nun Krankheit, Schmerz und Schwäche selig gepriesen, aber nicht als Selbstzweck, sondern nur um Christi Willen in seiner Nachfolge.

War bisher die Gesundheit ein hoher Wert, wird dieser nun in der Perspektive des Heils relativiert. Man kann sich kaum vorstellen, wie anstößig das Wort des hl. Paulus damals gewirkt haben muß, daß die Kraft in der Schwachheit vollendet wird.

Das ist heute ebenso aktuell. "So will ich mich denn viel lieber meiner Schwäche rühmen, damit die Kraft Christi sich niederlasse auf mich. Darum habe ich Gefallen an Schwächen, an Schmähungen, an Nöten, an Verfolgungen an Bedrängnissen um Christi willen; denn wenn ich schwach bin, dann bin ich stark" (2 Kor 12, 9-10).

Wie wichtig die Umsetzung dieser Haltung ist, zeigt uns nicht zuletzt die Geschichte des 20. Jahrhunderts. Wo auf diese Umwertung durch das Kreuz Christi vergessen wird, dort stehen falsche irdische "Heilsbringer" mit menschenverachtenden Ideologien drohend vor der Tür.

Sie führen zu Abschiebung und Verdrängung von Krankheit und Leid bis zur "Vernichtung lebensunwerten Lebens". Auch heute sind wir mit diesem himmelschreienden Unrecht konfrontiert, einerseits bei der Abtreibung (erb)kranker Embryonen, andererseits bei der Euthanasie.

Natürlich wird Gesundheit nicht verachtet, ihr Wert wird jedoch relativiert in der Perspektive des neuen Zeitalters, des kommenden Reiches Gottes.

Die Diaita der alten Weltzeit ist selbstbezogen, eitel und auf das Innerweltliche beschränkt. Die Diaita des Christen jedoch überschreitet all das. Sie ist auf Christus ausgerichtet. Gesundheit ist weiterhin ein Wert, aber kein absoluter. Sie steht im Dienste des Nächsten und der Verkündigung und ist kein Selbstzweck. So muß auch die Lebensordnung des Christen ausgerichtet sein.

In diesem Sinn wurde die hippokratisch-galenische Tradition der antiken Medizin auch von den Kirchenvätern, vor allem von Basilius, dem Gründer des ersten christlichen Krankenhauses in Caesarea, und von Gregor von Nyssa übernommen, mit dem neuen Ideal der Heiligung und Vervollkommnung verbunden und auf das ewige Heil, die beseligende Schau Gottes ausgerichtet .

Diese christliche Gesundheits- und Lebensordnung fand im Abendland ihre Fortsetzung in den "Regimina sanitatis" des Mittelalters. Es sind dies individuell zusammengestellte Diätregime in sechs Lebensbereichen. Dabei kann man wirklich im weitesten Sinn von ganzheitlich sprechen, weil man sich nicht nur auf die Behandlung und Vorbeugung bestimmter Krankheiten beschränkte, sondern es sich positiv gesehen um Vervollkommnung im Körperlichen, aber auch im Geistigen, Seelischen und Religiösen handelte.

Daher war auch die Therapie nicht auf das Medizinische beschränkt, sondern umfaßte auch Philosophie, die Künste und den Glauben. Es handelte sich um die wahre Kunst zu leben in einem christlichen Umfeld.

Erst mit dem Zerfall dieser Ganzheit und dem Aufkommen der neuzeitlichen Naturwissenschaft, die einen riesigen Aufschwung der Chirurgie und Pharmazie mit sich brachte, vergaß man weitgehend auf diese alte abendländische Tradition der Kunst, recht zu leben und zu sterben (ars vivendi et moriendi).



V. Askese

1. Begriff und Wesen

Wenn man das Wort Askese heute in den Mund nimmt, denken die meisten Leute an ausgemergelte Gesichter, lebensverachtende Selbstkasteiung, ja Verklemmung und ähnliche Dinge.

Wilhelm Busch hat diese Sicht unübertroffen in Versform charakterisiert: "Im Hochgebirg' vor seiner Höhle sitzt unverdrossen der Asket, nur mehr ein Rest von Leib und Seele infolge äußerster Diät."

Eine so verzerrte und verengte Sicht wird uns aber nicht helfen, den wahren Wert dieser vergessenen Disziplin zu erkennen. Daher müssen wir sie von ihrer ursprünglichen Bedeutung her verstehen.

Das griechische Wort "askein" heißt wörtlich "üben" und bezeichnete im Altertum die körperliche Ertüchtigung der Ringkämpfer, aber auch die Übungen zur Erziehung der Philosophen. Dieses Wort bezeichnet also die Vervollkommnung durch Übung im körperlichen und geistig-seelischen Bereich, freilich im Rahmen der durch Konstitution und Begabung gesetzten Grenzen. Dies umfaßt auch: zur Vervollkommnung sind Anstrengungen nötig, die über das Dahinleben hinausgehen.

Auch und erst recht im religiösen Leben genügt es nicht, sich mit Kompromissen, Durchschnittlichkeit und Mittelmäßigkeit zu begnügen. Die Hl. Schrift spricht hier eine eindeutige Sprache, im Alten und im Neuen Testament:

"Denn ich bin der Herr, Euer Gott; zeigt Euch als heilig und seid heilig, weil ich heilig bin" (Lev 11, 44). "Seid also ihr vollkommen, wie Euer Vater im Himmel vollkommen ist" (Mt 5, 48).

Die Lehre, wie man die christliche Vollkommenheit erstreben soll, heißt Aszetik 22.

Wesentliche Bereiche sind die Regelung der alltäglichen Lebensvollzüge in der Weise, daß sie der Heiligkeit den Boden bereiten und die Übungen des geistlichen Lebens. Dabei muß ausdrücklich betont werden, daß für alles, was über das Vollkommenheitsstreben gesagt werden kann, die Gnade Gottes Anfang und Ende ist.

"Erschienen ist die Gnade Gottes, die allen Menschen Heil bringt. Sie leitet uns an, der Gottlosigkeit und den Begierden der Welt zu entsagen und besonnen, rechtschaffen und gottselig in dieser Zeitlichkeit zu leben. Wir erwarten dabei die selige Hoffnung und das Erscheinen der Herrlichkeit unseres großen Gottes und Heilands, Christus Jesus. Er hat sich selbst für uns dahingegeben, um uns von aller Ungerechtigkeit zu erlösen und sich ein reines, auf gute Werke bedachtes Volk zu schaffen.

Als aber die Güte und die Menschenfreundlichkeit Gottes, unseres Heilands, erschien, rettete er uns durch das Bad der Wiedergeburt und die Erneuerung, die im Heiligen Geist gewirkt wird. Das geschah aufgrund seiner Barmherzigkeit und nicht aufgrund von Werken der Rechtfertigung, die wir unsererseits getan hätten. Er hat den Heiligen Geist auf uns durch unseren Heiland Jesus Christus in reichem Maß ausgegossen, damit wir durch seine Gnade gerechtfertigt und gemäß unserer Hoffnung Erben des ewigen Lebens werden" (Titus 2, 11-14; 3, 4-7).

2. Wert der Aszetik

Die Erfahrungsschätze der Kirche, die Menschen auf diesen Weg zu führen und zu leiten, sind in der Aszetik zu finden. Durch sie kann unser Bemühen geordnet werden und lebendig erhalten werden. Die Erkenntnis wird auf diese Weise sicherer und dadurch der Wille kräftiger. Das Vorgehen wird dauerhafter, zielstrebiger und daher auch zufriedenstellender und erfolgreicher. Wir neigen heute dazu, immer neue wissenschaftliche Erkenntnisse über die Welt, über den Menschen, im Rahmen psychoanalytischer Vorgänge auch über uns selbst zu gewinnen. Es hilft jedoch nichts, eigene Fehler nur zu erkennen; wir müssen den Weg der Besserung dann auch wirklich einschlagen und gehen. Der Schritt der Erkenntnis ist relativ leicht. Die praktische Umsetzung erfordert Geduld, Willenskraft und ist mit Rückschlägen verbunden. Kurz gesagt, sie ist viel schwieriger, und das verleitet uns oft, bei der Erkenntnis stehenzubleiben und für die eigene Trägheit zur Besserung allerlei Entschuldigungen bereit zu haben. Schließlich sei man ohnehin ein guter Mensch und glaube an ein "höheres Wesen", das müsse doch eigentlich genügen.

Wie oberflächlich diese Ansicht ist, erkennt man erst, wenn man sich wirklich auf den Weg der christlichen Vervollkommnung begibt. Dort weht gelegentlich ein rauher Wind, weshalb in der Bibel oft das Bild des Kampfes dafür gebraucht wird, ohne den wir auch den Lohn nicht erhalten.

"Wißt ihr nicht, daß die Läufer in der Rennbahn zwar alle laufen, jedoch nur einer den Preis erlangt? Laufet so, daß ihr ihn erhaltet. Jeder, der im Wettkampf steht, enthält sich von allem. Diese tun es, um einen vergänglichen Kranz zu empfangen, wir aber um eines unvergänglichen willen. Ich nun, ich laufe so, nicht wie einer, der ins Ungewisse rennt; ich führe den Faustschlag nicht wie einer, der Lufthiebe versetzt, sondern ich züchtige meinen Leib und mache ihn gefügig, damit ich nicht etwa, indes ich anderen predige, selber die Probe nicht bestehe" (1Kor 9,24-27).

Es ist ja eine Tatsache, die ebenfalls der hl. Paulus beschreibt, daß wir oft das Gute erkennen und trotzdem dem Schlechten folgen. "Ich weiß ja, daß in mir, das heißt in meinem Fleisch, nichts gutes wohnt; denn das Wollen liegt bei mir, das Vollbringen des Guten aber nicht. Denn nicht das Gute, das ich will tue ich; sondern was ich nicht will, das Böse, das vollbringe ich. Wenn ich aber das, was ich nicht will, tue, so vollbringe nicht mehr ich es, sondern die in mir wohnende Sünde. Ich finde also das Gesetz, daß bei mir, der ich das Gute tun will, das Böse zustande kommt. Denn ich freue mich dem inneren Menschen nach am Gesetz Gottes. Doch ich sehe ein Gesetz von anderer Art in meinen Gliedern, das dem Gesetz meiner Vernunft widerstreitet und mich gefangen nimmt durch das Gesetz der Sünde, das in meinen Gliedern ist. Ich unglücklicher Mensch! Wer wird mich befreien aus diesem Leib des Todes? Dank sei Gott: durch Jesus Christus unseren Herrn" (Röm 7, 18-25).

Diese innerste Schwachheit können wir nicht durch eigene Kräfte, etwa des "positiven Denkens", wie häufig propagiert, dauerhaft überwinden.

Durch den Dienst der Kirche wird uns diese Gnade Jesu Christi vermittelt und zugewendet, und es ist dann die Liebe Christi, die uns drängt, dementsprechend zu handeln und den Weg zu Gott zu gehen. Darum sagt auch Paulus: "Durch die Gnade Gottes aber bin ich, was ich bin, und seine Gnade ist bei mir nicht unwirksam geblieben" (1 Kor 15, 10). Die übende Umsetzung unserer Erkenntnisse bringt uns in heilsamer, wenn auch gelegentlich unsanfter Weise auf den Boden der Realität zurück. All die Phantasien, was man noch tun könnte oder sollte, lassen uns unsere Möglichkeiten und Fähigkeiten oft überschätzen. Die Erkenntnis der eigenen Grenzen läßt uns auch mit anderen viel nachsichtiger und verständnisvoller werden. Dieser reinigende Prozeß weg von aller Illusion hin zur nüchternen Realität, ist nicht zuletzt auch für unsere seelische Gesundheit von großer Bedeutung.

3. Ziel des Vollkommenheitsstrebens

Vollkommen ist das, was am Ziel ist, zu Ende gebracht, fertig ist, ohne daß noch etwas fehlt. Daher kommt die absolute Vollkommenheit nur Gott zu. Die menschliche hingegen ist relativ, auf ein bestimmtes Maß bezogen, je nach individueller Möglichkeit.

Es kann also nur eine Annäherung erreicht werden, die aber möglichst groß sein soll.

"Das unermüdliche Streben, fortzuschreiten und das ständige Sichmühen um die Vollkommenheit wird als Vollkommenheit betrachtet." 23

Das Wesen der Vollkommenheit ist die Liebe, die den Glauben vorraussetzt und auch wieder stärkt, und das Ziel aller Tugenden ist. Die Vollkommenheit ist das höchste Ideal für einen Menschen in der Bereitwilligkeit, rasch, oft und ohne Zögern die gebotenen Werke auf die möglichst beste Art zu verrichten. Sie ist die Antwort auf die Frage des Jünglings: "Was fehlt mir noch?" (Mt 19, 20).

Wir können diesen Weg in der Nachfolge Christi und der Nachahmung der Heiligen gehen. Dazu brauchen wir aber einen erfahrenen geistlichen Ratgeber zur Unterscheidung der Geister und zur richtigen Umsetzung in den Einzelfällen des Lebens. Wichtig dabei ist, daß keine Einseitigkeiten entstehen. Es darf weder alles der Gnade allein überlassen bleiben, noch das eigene Tun überbetont werden. Es darf auch nicht durch zu große Strenge Furcht vor Gott auf Kosten der vertraulichen Liebe gezüchtet werden. Besonders heimtückisch ist es, aus den eigenen, natürlichen Charakterzügen und Neigungen schon eine Tugend zu machen und dabei die eigenen Schwächen zu übersehen: "Wer dem Fasten zugetan ist, hält sich für sehr fromm, wenn er nur fastet, ob auch sein Herz voll Hader ist; während er nicht wagt, seine Zunge mit Wein zu benetzen, macht er sich nichts daraus, sie durch Ehrabschneidung und Verleumdung in das Blut des Nächsten zu tauchen. Der eine zieht gern ein Almosen aus dem Beutel, um es den Armen zu geben, aber aus seinem Herzen die Sanftmut herauszunehmen, um seinen Feinden zu verzeihen, das kann er nicht. Der andere verzeiht zwar seinen Feinden; aber seine Gläubiger bezahlen? nur, wenn ihn die Behörde dazu zwingt" (hl. Franz v. Sales, Philothea I,1).

"Die standhafte Geduld aber soll das Werk vollenden, so daß Ihr vollkommen seid und ohne Fehl und in nichts einen Mangel zeigt" (Jak. 1,4).

Es geht nun darum, dieses Vollkommenheitsstreben auch wirklich in die Tat umzusetzen gegenüber Gott, den Mitmenschen und sich selbst.



VI. Geordnete Lebensführung

Im Rahmen der Diaita geht es nun um eine Besserung krankhafter Zustände und um eine Förderung der Gesundheit. In diesem Zusammenhang werden in der antiken Medizintheorie drei große Gruppen unterschieden: 24

Die natürlichen Dinge (res naturales):

dabei handelt es sich um all das, worauf der Mensch keinen Einfluß hat: die Konstitution, Körpergröße, Haar- und Augenfarbe usw. Wir könnten auch sagen, es ist die genetische Disposition.

Die Dinge gegen die Natur (res contra naturam): Dieser Bereich in der antiken Krankheitslehre betrifft die Krankheiten selbst.

Die nicht natürlichen Dinge (res non naturales):

Mit "nicht natürlich" ist hier im Gegensatz zum ersten Punkt all das gemeint, worauf der Mensch im Rahmen seiner Lebenskultur gestaltend Einfluß auf sich selbst und seine Umgebung nehmen kann. Es sind Faktoren, die nicht unabänderlich, nicht angeboren sind. Es sind sechs, nach unserem heutigen Verständnis auch "natürliche" Faktoren, die im Rahmen der Lebensführung geordnet werden müssen. Daher werden wir uns diesen Bereich näher ansehen.

1. Die sechs Lebensbereiche

a) "Aer": Licht und Luft

Hier werden Einflüsse auf den Organismus durch die Luft berücksichtigt, die wiederum selbst nach Temperatur, Feuchtigkeit, Geruch und Reinheit beurteilt wird. Auch das Klima, die Einflüsse der Jahreszeiten, der Wind und die geographische Lage (Seehöhe, Lokalklima, Orientierung, Bodenbeschaffenheit) kommen hier zum Tragen. Wir sprechen heute von Biorhythmus. Nutzen und Schaden der Sonnenstrahlung, lichtabhängige Befindlichkeitsstörungen zeigen uns die Aktualität und Bedeutung dieser Einflüsse.

b) "Cibus et potus": Speise und Trank

An diesen Bereich denkt man als erstes beim Wort Diät, er ist aber nur ein Teil des Ganzen. Die Arten von Nahrungsmitteln und die Wirkungen der verschiedenen Speisesorten auf den Organismus werden hier berücksichtigt. Ebenso ihre Beschaffenheit, Verdaulichkeit und Bekömmlichkeit je nach verschiedenen Konstitutionstypen. Das Wasser, seine Wirkung auf das Äußere je nach Härte und Temperatur und überhaupt auf die Gesundheit werden hier ebenso behandelt wie der Wein.

c) "motus et quies": Bewegung und Ruhe

Das rechte Maß von Ruhe und Bewegung ist für die Erhaltung und Förderung von Regeneration und Gesundung unumgänglich. Die Ruhigstellung als Vorraussetzung der Heilung ist seit alters her bekannt. Das kann einzelne Körperteile (Verletzung, Knochenbruch, Entzündung) oder den Gesamtorganismus (Bettruhe) betreffen. Störungen durch Bewegungsmangel, Bewegungseinschränkungen, aber auch Wirkungen von Bewegungsübungen sowie Konditionsfragen werden hier berücksichtigt. Sehr wichtig ist auch das rechte Verhältnis von Schonung und wieder beginnender Belastung zum richtigen Zeitpunkt und im rechten Ausmaß.

d) "somnus et vigilia": Schlaf und Wachen

Dauer und Zeitpunkt des Schlafes, seine Bedeutung für Regeneration, Leistungsvermögen und Zusammenhänge mit seelischen Vorgängen sind hier zu beachten, ebenso Schlafstörungen durch zu spätes Essen und Trinken oder durch Nachtarbeit. Heilschlaf gehört zu den ältesten Therapien, neuerdings auch Schlafentzug bei bestimmten Formen der Depression.

e) "repletio et inanitio": Füllung und Entleerung

Dieser Bereich umfaßt die Regelung der Ausscheidungen, wie Stuhl und Winde, Harn, Menstrualblut, Auswurf aus Nase und Rachen und Erbrechen. Auch das Geschlechtsleben, Baden und Schwitzen werden hier berücksichtigt.

f) "affectus animi": Seelenregungen, Leidenschaften

Ursprünglich wurden hier die sechs Affekte Zorn, Freude, Angst, Furcht, Traurigkeit und Scham behandelt. Gerade auch deren Zusammenhänge mit der körperlichen Disposition sind hier zu berücksichtigen, man denke etwa an die Melancholie. Heute sprechen wir von psychischen Faktoren.

2. Praktisches Vorgehen

Die Ordnung und das rechte Maß zu finden, oder wiederherzustellen, nennt man Diätetik.

Es geht also nicht bloß um Essen und Trinken, sondern um die Ordnung aller Lebensfaktoren, auf die wir Einfluß haben. Durch das rechte Maß wird das natürliche Heilungs- und Regenerationsvermögen des Organismus gefördert.

Die Aufgabe des Arztes dabei ist, individuell und genau zu diagnostizieren, in welchem Bereich Korrekturen nötig sind und den Therapiefortschritt zu begleiten, aber auch zu dokumentieren und zu kontrollieren.

Fehlverhalten in der Lebensführung führen oft unmerklich zu Schäden, weil sie tagtäglich und oft jahrelang einwirken. Störende Umwelteinflüsse (Licht, Luft, Ernährung), oder auch Regulationsstörungen von innen her können zu einer Störung der Körpersäfte und in der Folge auch zu Gewebsveränderungen führen. Eingriffe müssen behutsam durchgeführt werden, damit sich der Patient daran gewöhnen kann und nicht durch zu rasche Änderung noch zusätzlich aus dem Gleichgewicht gebracht wird.

Der Arzt hat demnach zu prüfen, in welchem Ausmaß der Betreffende Licht, Luft und Sonne ausgesetzt ist, inwieweit ihm dies zu- oder abträglich ist, wie seine Eß- und Trinkgewohnheiten sind (zu viel, zu wenig, zu häufig, zu hastig, zu unregelmäßig, zu kalt, zu heiß usw.), ob sich jemand zu wenig, oder zu viel bewegt.

Wie schaut es mit dem Schlaf aus (Einschlafzeit, Schlafstörungen, Wachheit), wie mit den Ausscheidungen (Entgiftung)?

Welche Probleme und Ansatzpunkte gibt es im seelischen Bereich?

Der Arzt heilt nicht selbst, er "kuriert". Das bedeutet, er trägt Sorge (= lat. cura), daß der Gesundungsvorgang durch die natürliche Regenerationskraft in der rechten Weise ablaufen kann.

Häufig sind es kleine, manchmal banal erscheinende Ratschläge, die sich jedoch, dauerhaft in die Tat umgesetzt, nachhaltig positiv auswirken. Mit starren Regeln ist hier wenig getan. Von allen Faktoren gibt es ein Zuviel und ein Zuwenig und jeder muß sich behutsam an sein Maß herantasten, sich ordnen lernen, und das als richtig erkannte immer neu einüben.

Die Auswirkungen dieser Korrekturen muß der Arzt beobachten und den Patienten auf seinem Weg der Gesundung begleiten.

Korrektur der Lebensfaktoren

Was bewirkt die Korrektur dieser Lebensfaktoren?

Chronisch wirksame Schäden, die schwächen und krankmachen, werden weggenommen, und es beginnt sich die individuelle Heilkraft zu entfalten. Der Patient wird nüchterner, wacher und kräftiger. Die Empfindsamkeit der Sinne nimmt zu, er bekommt einen ganz neuen Bezug zur Welt; er wird initiativer und kreativer, entschlußfreudiger und aufrechter in seiner äußeren und inneren Haltung. Er ändert sich, wird aber gerade dadurch immer mehr er selbst. Geht bei schwereren Störungen dieser Heilungsprozeß zu rasch vor sich, können sich auch Krisen in Form von Überempfindlichkeit, Ängstlichkeit und vegetativen Problemen, ähnlich wie bei Fastenkrisen, einstellen. Deshalb muß der Patient auch mit sich selbst Geduld haben und einsehen, daß er nicht alle bereits erkannten Fehler zugleich beheben kann.

Der Patient entfernt sich zunehmend vom gedämpften, oft freudlosen Lebenseinerlei. Ziel ist eine gereifte und liebesfähige Persönlichkeit.

Nach alter Tradition ist Gesundheit nicht die Abwesenheit von Krankheit, sondern die immer neue Bewältigung dessen, was uns aus dem Gleichgewicht bringt.

Durch die Kunst der Lebensführung wird die Natur des Menschen kultiviert. In der geordneten Lebensführung liegt der Zusammenhalt und die Grundlage aller darüber hinaus nötigen medikamentösen oder chirurgischen Therapien. Auch diese sind natürlich wichtig, vor allem in der Akutphase vieler Erkrankungen. Wenn jedoch das Leben selbst ungeordnet bleibt, einen krankmacht, ist mit Akuttherapien allein auf Dauer wenig auszurichten. Wenn der Mensch sich nicht selbst ändert und initiativ wird, bleiben alle Maßnahmen ohne Bezug zum Lebensganzen des Menschen.

Es genügt nicht, nur die Schäden zu vermeiden, man muß vielmehr den Körper im rechten Maß fordern und üben. Ebenso wie eine Überlastung kann es auch eine zu große Schonung geben. Das gilt für die Bewegung, aber auch für die Sinne. Viele Leistungen des Gehirns werden im Kindesalter erst durch die Anforderungen der Sinnesreize ausgebildet.

Grundsätzliches zur Ernährung

Das lateinische Wort sapientia bedeutet Weisheit und kommt von sapere - schmecken.

Es besteht ein Zusammenhang zwischen Sinnesreichtum und Weisheit. Das Essen muß duften, soll nach dem Säuglingsalter fest, nicht breiig sein, um bereits dem Kleinkind das Tasten zu ermöglichen; dies geschieht ja in diesem Alter vornehmlich mit dem Mund. Was hier in der frühen Kindheit versäumt wird, kann später - wenn überhaupt - nur mühsam nachgeholt werden.

Auch als Erwachsener muß man das Essen so zubereiten, daß es ein Erlebnis sein kann. Heute essen viele Leute nicht das, was ihnen schmeckt, sondern das, was "gesund" ist. Ich meine damit: sie wählen ihre Mahlzeiten weitgehend nach Regeln aus, z. B. Vitamin- oder Ballaststoffgehalt usw., anstatt hauptsächlich durch die natürlichen Wähler und Regler, die Sinne.

Selbstverständlich ist es gut, möglichst biologisch und geschmacklich einwandfreie Nahrungsmittel erster Qualität zu sich zu nehmen. Eine rein wissenschaftliche Auswahl kann aber auf die Dauer nicht gut gehen, weil das Leben viel zu komplex ist, um es wissenschaftlich in den Griff zu bekommen.

Gerne übersehen wir dabei, wie sehr unser Erkennen Stückwerk bleibt. Man kann sich mit einem Unmaß an "Gesundem" mehr schädigen als mit maßvollem Konsum "ungesunder" Dinge. Ein und dieselbe Speise kann dem einen nützen, dem anderen aber schaden. Diät hat nichts mit ideologischen Verengungen, wie Puritanismus, Vegetarismus oder Reformgeist, wie er in den sogenannten Reformhäusern herrscht, zu tun. Wohin diese Haltungen zum Nachteil der Betroffenen führen können, hat ein Dichter sehr gut erfaßt:

"Milch und Vollkornbrot hatten rote Flecken auf seinen Wangen hinterlassen, und tiefe Falten, die sich in seine Züge eingefressen hatten, zeugten von so manchem bei zuviel Wind und Wetter durchwanderten Tag. So stand er vor mir: das Gesicht bräunlich verfärbt und gezeichnet von jahrelangen Gesundheitsexzessen - ein Bild der Frische" 25.

Um nicht solcherart unfrei zu werden, leite ich die Leute an, so zu kochen, daß sie auch Schmecken, was sie essen.

Geruhsamkeit und Tischkultur sind unerläßlich. Pointiert gesagt ist es viel wichtiger, wie man ißt, als was man ißt. Fehlt die Wachheit zur rechten Funktion von Hunger- und Sättigungsreflex, verliert man leicht das rechte Maß und begeht die Hauptsünde der Völlerei. Trägheit ist ihre Folge.

Doch das rechte Maß beim Essen zu finden, heißt nicht immer 'Fasten'. Für den überempfindlichen Unterernährten heißt es größere Vielfalt und Zulegen beim Essen.

"Askese heißt für den einen, zu fasten, für den anderen aber, zu essen," lautet ein alter Spruch" 26.

Das geht nur durch Übung der natürlichen Regler und Wähler (Sinne) und nicht durch wissenschaftliche Überlegungen.

Die Wissenschaft ist hilfreich und unerläßlich. Sie muß aber dem Leben dienen und nicht umgekehrt. Die neuzeitliche Wissenschaft hat die Tradition der antiken Diaita ebenso verdrängt, wie die daraus folgenden Lebensregeln (regulae vitae), die Kunst, zu leben und zu sterben (ars vivendi et moriendi), denn das dabei Geübte ist nicht exakt quantifizierbar. Diese Lebensweisheiten, etwas salopp gesagt der systematisierte Hausverstand, fehlen uns heute. Umso wichtiger ist es daher, diesen Bereich neu zu beleben, wieder Anschluß zu gewinnen.

Übung der Sinne und Reifung

Bei der Übung der Sinne geht es nicht um erotische Aufreizung, sondern um die Normalisierung der Sinnesfunktion. Die Rückführung von der Unterfunktion (abgestumpfte Sinne) über die Überfunktion bis zur Normalfunktion ist entscheidend.

Das ist teilweise auch an äußeren Zeichen zu beobachten. Die Augenlider sollen weder verschwollen, noch schlaff und ausgehöhlt sein; die Augen nicht trüb, sondern klar. So kennzeichnet sie dann der "heitere und feste Blick" (serenus atque rectus aspectus - hl. Augustinus).

Die Lippen sollen weder verbissen, noch übererregt geschwungen sein; die Nase weder durch Stauung geschwollen (Abstumpfung des Geruchssinns), noch überempfindlich. Die Hände sind im Idealfall entspannt, nicht schlaff oder verkrampft. Die Gesichtshaut soll weder blaß, gelblich, noch gerötet sein, sondern gleichmäßig rosig und fest. Der Patient wird feinsinniger und wacher; schließlich hält er die laute Musik nicht mehr aus, verträgt überwürzte Speisen nicht und schlingt auch nicht mehr so hastig wie früher. Der Patient reift, weil er Änderungen äußerer Bedingungen infolge der größeren Wachheit besser und kontinuierlich wahrnimmt und darauf entsprechend reagiert, sich auch selbst ändert. Urteils- und Entscheidungskraft nehmen zu, ebenso wie die Fähigkeit, die Geister zu unterscheiden. 27

Freilich liegt in der bloßen Besserung der Organfunktion noch keine Gottesbegegnung. Viele Leute sind von den Sinnen her gesehen wach und doch innerlich arm und umgekehrt. Man darf daher nicht aufgrund der äußeren Zeichen auf den geistlichen Bereich schließen.

Die Physiognomie darf nicht überinterpretiert werden, ist aber für den Erfahrenen in ihrer relativen Änderung ein brauchbarer Wegweiser. Diese Änderung soll möglichst langsam erfolgen, da der Patient die größere Wachheit verkraften muß. Es handelt sich um einen Lernprozeß, bei dem durch zu schnelle Besserung auch Krisen ausgelöst und Schäden entstehen können, weil das Neuerlebte nicht verkraftet wird. Letztlich ist es ein lebenslanger Prozeß.



Grundsätze

kleine Schritte mit großer Konsequenz

Empfindsamkeits-, nicht Reizsteigerung

Übung und Schulung der Sinne

Weitung suchen; Mut, Grenzen zu überschreiten

Keine Selbstbehandlung



Probleme

Neue Wahrnehmungen verarbeiten

zunehmende Nüchternheit aushalten lernen

Geduld mit sich selbst

Das Nächstmögliche tun, ohne sofort am Ziel sein zu wollen

Loslösung von anfänglichen Diätregeln

Eigenmaß finden

Ständiges Bemühen

Mut und immer neue Entscheidung zum Weitergehen



Ziele

Reife

Weisheit

Gottesliebe und Nächstenliebe

Zusammenfassend kann man sagen, daß es bei der Diät um das rechte Maß im Leben geht. In der Einübung des rechten Lebensmaßes liegt die innere Verwandtschaft zur Askese. Viele Leute wollen gerne die mühsame Basis der Lebensordnung und Einübung überspringen.

Ähnlich ist es auch im geistlichen Bereich. Man strebt nach mystischen Erlebnissen, scheut aber zurück vor den Grundlagen des Vollkommenheitsstrebens, der inneren Reinigung, der Buße und Absage an die Anhänglichkeit an die weltlichen Güter. "Selig, die lauteren Herzens sind, denn sie werden Gott schauen" (Matth. 5, 8). Nur Geduld und Ausdauer in den einfachen Dingen führt die Seele weiter auf dem Weg ihres Aufstiegs zu Gott.

Ich finde, es ist hier sehr schön sichtbar, wie in gewisser Hinsicht für den natürlichen und übernatürlichen Bereich gleiche Prinzipien gelten. Denn auch in der Lebensordnung müssen wir immer wieder die einfachen und unscheinbaren Dinge tun. Beherrschung beim Essen, ruhiges Kauen, rechtzeitiges Schlafengehen, körperliche Bewegung, Lösung von Spannungen und Konflikten, anstatt deren Verdrängung. Ausdauer in den grundlegenden Dingen führt zu Fortschritten auf dem Weg der Gesundung.

Ausgangspunkt für einen Entschluß, einem ungeordneten Dahinleben mit fragwürdiger Orientierung ein Ende zu setzen, ist nach meiner Erfahrung oft ein einschneidendes Erlebnis, das in irgendeiner Form zur Umkehr anregt, sei es aus Freude oder Schmerz.

Trude Marzik hat in einem Wienerlied gedichtet: " 's muß 'was g'scheh'n, a Diät, aber glei', sonst is' z'spät." Solche Ereignisse sind Momente, die irgendwann jeder erlebt. Man kann ihnen durch einen entsprechenden Willensakt und Entschluß, etwas ändern zu wollen, antworten, oder sie ungenützt vorbeigehen lassen.

Ziel ist nicht rein diesseitsbezogene Ästhetik und Gesundheit, sondern das ewige Heil, die beseligende Schau Gottes. Der Glaubende wird immer mehr in das Bild des Sohnes eingestaltet (Röm 8, 29), der der Weg, die Wahrheit und das Leben ist. Wir müssen die Gesundheit anstreben, sie ist aber nicht der höchste Wert. Wir dürfen uns am Kreuz nicht vorbeidrücken, um Heil und Erlösung zu erlangen. Zur Unterscheidung, ob jemand neurotisch ins Leid flüchtet oder wirklich ein Kreuz zu tragen hat, hilft ihm, wenn er mit Christus betet: "Vater, wenn es dein Wille ist, so laß diesen Kelch an mir vorüber gehen; doch nicht mein Wille geschehe, sondern der deine" (Lk 22, 42).

So heißt es in 2 Kor 4, 10: "Allzeit tragen wir das Hinsterben Jesu an unserem Leib, damit auch das Leben Jesu an unserem Leib sichtbar werde." Der Aufstieg der Seele zu Gott ist eben nicht nur ein geistig-ideologischer Prozeß, sondern ein leibhaftes "Eingestaltetwerden" in Christus. Deshalb ist Mystik untrennbar mit Aszetik verbunden. Das Idealbild des Gesichtes entspricht dem Antlitz Christi, wie wir es von der Christusikone her kennen, aber auch vom Turiner Grabtuch: ebenmäßige Züge, wahrhaft göttliches Licht in den Augen.

"Wir alle aber werden, wenn wir mit enthülltem Antlitz den Glanz des Herrn widerspiegeln, zum selben Bild umgeformt von Herrlichkeit zu Herrlichkeit, wie sie ausstrahlt vom Geist des Herrn" (2 Kor 4, 18).

Romano Guardini schreibt: "Wenn auch die volle Epiphanie Christi in den Eschata liegt, so kann das Bild Christi auch schon jetzt, wenn der Herr es will, im Glaubenden aufleuchten, im Ausdruck des Antlitzes, in Haltung und Gebärde. Oder ist es nicht dieses, was an den Heiligen deutlich wird?" 28



VII. Esoterik - Gnosis - Selbsterlösung

1. Begriffe und Wesen

Der medizinische Bereich wird zunehmend durch esoterisches Denken und Handeln beeinflußt. Wir wollen daher etwas ausführlicher darauf eingehen.

Offenbar als Gegenbewegung zu einem übertriebenen Rationalismus können wir in den letzten Jahren immer mehr eine schwärmerisch-gefühlsbetonte Geisteshaltung beobachten, die häufig ins Irrationale abgleitet. Sie ist gekennzeichnet durch ein absolutes Vertrauen auf die Schau nach innen und die subjektive Intuition.

"Befragt nach den Gründen geben viele an, sie fühlten sich von den traditionellen Heilsversprechungen betrogen und suchten nun neue in kleineren religiösen Gemeinschaften. Guru statt Jesus. Und es scheint verrückt: der aufgeklärte, volltechnisierte Mensch glaubt jetzt, an der Schwelle zum dritten Jahrtausend, zunehmend an Wunderheiler und steht den Medizinern mit Skepsis gegenüber, vertraut okkulten Praktiken stärker als der christlichen Heilsverkündung, mokiert sich über 'Klimbim' des Meßopfers und eilt blauäugig zum Tischerlrücken. Die Esoterik boomt. Es wird gependelt, das Schicksal durch Tarockkarten befragt, Kontakte zu Verstorbenen werden hergestellt. Man schläft auf Wildkräuterkissen, steckt sich reinigende Wachskerzen ins Ohr und hört Meditationsmusik ... Der Esoterikboom ist die Antwort auf Übertechnisierung, Wirtschaftsdiktatur und Konsumzwang. Eine Flucht in das Übersinnliche, Geheimnisvolle. Der große Zustrom zu den in Österreich regelmäßig stattfindenden Bewußtseinsmessen zeigt die Vermarktung der Sinnkrise. Die Zahl der Veranstaltungsorte für Esoterisches hat sich in den letzten sieben Jahren österreichweit verdoppelt. Ein beachtlicher Teil der Neuerscheinungen auf der Frankfurter Buchmesse entstammt diesem Gebiet. Esoterische Buchhandlungen machen Riesengewinne, die Zahl der einschlägigen Verlage nimmt explosionsartig zu" 29.

Wörtlich übersetzt heißt Esoterik "das weiter im Inneren Liegende". "Die Esoterik versteht sich als Geheimwissenschaft. Als solche ersetzt sie den Glauben durch das Wissen und die Offenbarung durch die Gnosis. Sie will das wahre Wesen der Dinge, der Welt und des Menschen mit Hilfe der Spekulation ergründen ... Mit dem geheimen Wissen und dem geheimen Tun verbindet sich also der Gedanke der Innenschau, worin man die letzte Wirklichkeit der Dinge erkennen und über sie verfügen will. Die Esoterik erhebt den Anspruch, die wahre Natur der äußeren Erscheinungswelt zu ergründen, die dahinterliegenden Bewußtseinsebenen zu erweitern, unter die Oberfläche zu schauen und den Menschen zur Sinnfindung und Selbstvervollkommnung zu führen" 30.

Die Denkweise der Esoterik ist geprägt durch die Gnosis.

Das Wort "Gnosis" ist griechisch und bedeutet "Erkenntnis". Die Gnosis ist eine Geistesrichtung, die uns bereits seit der frühen Antike begegnet. Ihre Anhänger sehen sich als Auserlesene; sie wähnen sich im Besitz einer eigenen (Gottes-)erkenntnis in die sie nach und nach mystisch eingeweiht werden. Der Körper wird dabei als Gefängnis des göttlichen Geistesfunkens (Bewußtseins) betrachtet, aus dem diese wieder befreit werden müßten. Durch immer höhere Erkenntnis erwarten die Gnostiker schließlich Erlösung zu Glück und Seligkeit durch Wiedervereinigung mit dem göttlichen Geist.

Die Gnosis erlebte eine Blüte in der Spätantike und war für das frühe Christentum eine große Bedrohung. Dies besonders deshalb, weil die Gnostiker Teilaspekte und auch Ausdrucksweisen der christlichen Lehre übernahmen und mit ihrem Erleuchtungs- und Selbsterlösungsglauben zu einem Gemisch von Irrlehren verbanden, das bei nichtsahnenden Leuten den äußeren Anschein von Christlichkeit erweckte. Auch dieses Phänomen tritt heute wieder auf.

Schon das Neue Testament warnt vor gnostischen Irrlehren.31 Zur Zeit der Kirchenväter entstanden viele kirchliche Schriften gegen die Gnosis, der im wesentlichen die Stirn geboten werden konnte. Im weiteren Verlauf der Jahrhunderte starb jedoch die Gnosis nie aus. Sie lebte in Mittelalter und Neuzeit in immer neuen Bewegungen auf, wie beispielsweise Katharer und Albigenser. Sie ist auch in unserem Jahrhundert, ganz besonders in den letzten Jahren wieder in Erscheinung getreten. Dabei hat sich zwar das Gewand teilweise verändert, nicht aber die Prinzipien der Gnosis, ihre Charakteristika und typischen Denkfiguren. Aus der großen Zahl verschiedener Gruppierungen seien nur einige Beispiele genannt: Anthroposophie, Rosenkreuzer, transzendentale Meditation und ganz besonders die New Age-Bewegung.

Sie behaupten durchwegs entweder, "alte Weisheit" weiterzugeben, oder, aus philosophischen Überlegungen "wahre Erkenntnis" geschöpft zu haben.

Die Gnosis war und ist kein geschlossenes Lehr-, oder Glaubenssystem, wie etwa der katholische Glaube. Typisch ist vielmehr, daß Elemente verschiedener Philosophien und Religionen, heute häufig auch fernöstliche "Heils"lehren und Praktiken vermengt werden. Dieser sogenannte Synkretismus ist ein Phänomen, das immer in Zeiten kulturellen und religiösen Niedergangs besonders stark auftritt.

"Wenn die Leute aufhören etwas zu glauben, werden sie nicht nichts glauben, sondern alles glauben." (G. K. Chesterton).

Es ist fast unmöglich, die gnostischen Lehren in allgemein abstrakter Form darzustellen, da sie immer wieder ihr "Gewand" wechseln. Allen Richtungen ist jedoch gemeinsam, daß der Mensch aus eigener Kraft durch Erkenntnis, Wissen und verschiedene Körper/Seele-Techniken zur "Erleuchtung" kommen will. Damals wie heute wird ihre Lehre in ein scheinbar wissenschaftliches Gewand verpackt. Gleichzeitig blickt man herab auf den "gewöhnlichen, primitiven" Glauben der rechtgläubigen Christen, über den man "hinausgehen" müsse, wie ein typisch gnostisches Schlagwort lautet.

An dieser Formulierung kann man sehr leicht Gnostiker erkennen (vgl. 2 Joh 7-11). "Diese psychologische Haltung der ständigen Suche nach anderen oder neuen Dingen (die Rückwirkung eines Mangels, da die Tatsache der Offenbarung nicht mehr als menschliche Fülle erfahren wird) ist die sicherste Ausdrucksform eines gnostischen Geistes - und zwar noch mehr als der formale Inhalt der Häresie, der sich hinter dem wendigen Spiel der 'Spekulationen' verbergen kann." 32

"Die Erlösung besteht in einem Prozeß der Selbsterhebung der Seele (oder des Geistes) von der Natur zur Identifizierung mit Gott, wobei sich das Sich vollkommen verwirklicht. Die Erlösung besteht folglich in einer Vergöttlichung des Ich durch einen immanenten (psychologischen) Prozeß, der es am Ende ermöglicht, das Sich mit dem Wir in einer mystischen Vereinigung zu identifizieren, die jede 'äußere' Kirche übersteigt. Auf diese Weise ist die Erlösung kein Werk der 'Gnade' mehr, die in Zeit und Raum durch äußere, 'sinnliche' Zeichen wirkt, sondern sie erfolgt durch eine innerliche Bewußtwerdung des Göttlichen in uns. Durch sie kann der Mensch sich von seinem 'fleischlichen' Aspekt 'befreien' und sich zur 'spirituellen', pneumatischen Wirklichkeit erheben.

Wie der Begriff Gnosis selbst sagt, ist es das 'Wissen', was in diesem Fall die Erlösung des Menschen, seine Vergöttlichung bewirkt. Eine solche Haltung hat - abgesehen von der letztlich in ihr enthaltenen Illusion - eine Erhabenheit, die man nicht verkennen sollte. So ist es kein Zufall, daß ein großer Teil der religiösen Wege des Menschen - man denke etwa an den Buddhismus - sowie weite Bereiche des philosophischen Denkens damit übereinstimmen.

Nur die christliche Offenbarung stellt sich dem Anspruch der Gnosis entgegen. Und der 'Glaube', das heißt die Anerkennung, daß die Erlösung das Werk eines Anderen ist, beansprucht die absolute Überlegenheit über die Gnosis. Die Dialektik zwischen Gnosis und Glauben wird auf diese Weise eine Konstante des geschichtlichen Christentums" 33.

Der unversöhnliche Gegensatz zum Christentum besteht darin, daß der Christ glaubt, alles durch Gottes Gnade und das Erlösungswerk Christi geschenkt zu bekommen, der Gnostiker hingegen meint, alles aus eigener Kraft erreichen zu können.

Typisch gnostische Ansichten sind auch, daß der Mensch absoluter Herr seiner selbst sei, über grenzenlose geistige Macht verfüge, er müsse nur seine Fähigkeiten erst entwickeln.

Letztlich läuft alles darauf hinaus, den Menschen Gott gleich machen zu wollen und ihn an Gottes Stelle in den Mittelpunkt der Schöpfung zu rücken. Schon der hl. Augustinus hat der Gnosis ihre bedenkenlose Vermischung verschiedener Wege vorgeworfen. Man wählt jenen Weg, der einem "am meisten gibt".

Es ist leicht nachzuvollziehen, daß eine solche Denkweise bei vielen heute Anklang findet. Während alle großen Weltreligionen Bekenntnischarakter haben (d. h., ihre Anhänger deklarieren sich offiziell), haben die gnostischen Strömungen überwiegend Geheim- oder Einweihungscharakter. Man kann sie daher auch nicht so leicht erkennen. Ihre Anhänger streuen unerkannt und unterschwellig ihre Ideen aus. Auf diese Art können gerade auch im Gesundheitsbereich gnostische Ideen verbreitet werden.

Diese Überlegungen haben für den Alltag im sogenannten "ganzheitsmedizinischen" Bereich eine wichtige Bedeutung, nicht nur für Theologen oder Theoretiker.

In der Fernsehsendung des ORF "Am Schauplatz" war am 4. Juni 1996 eine Dokumentation über bestimmte Orte im Waldviertel als neue Zentren "spiritueller" Aufbrüche zu sehen. Meditationszentren, "Orte der Kraft" und ähnliches wurden gezeigt. Es wurde zwar nicht von Gnosis oder Esoterik gesprochen, aber die gebrauchten Ausdrücke waren bezeichnend für dieses Denken und Tun. Es war die Rede von Energiesteinen, über denen man kosmische Energie auftanken könne, von spirituellen Meistern und Bioenergetik, von Wünschelrutengehern und vom Pendeln. Man zeigte Heilungen durch Handauflegung und Energieübertragung.

Regelmäßig finden in diesen Zentren Seminare statt, auf denen die "Erleuchtungen" der Kurslehrer weitergegeben werden sollen und die Leute angeblich zu innerer Harmonie, neuer Ordnung o. ä. geführt werden. Unter den Teilnehmern befinden sich besonders Großstädter, die Krisen durchleben, nach dem Sinn des Lebens fragen und angeben, von der Kirche keine ausreichenden Antworten zu bekommen.

Wenn es sich auch um eine fehlgeleitete Religiosität handelt, so beweist dieser Trend doch eines: der Mensch ist im tiefsten Wesensgrund religiös, das heißt bezogen auf Gott und voll Sehnsucht nach ihm.

Das New-Age - Denken möchte sich vom neuzeitlichen, modernen Lebensstil absetzen und gibt vor, dessen negative Folgen für Natur, Mensch und Kultur auf dem Weg der "sanften Revolution" zu überwinden und einen "Paradigmenwechsel" herbeizuführen.

Ob dieses Versprechen gehalten werden kann, ist durchaus zweifelhaft. Der Glaube an die "Machbarkeit" etwa, den wir in der technisierten Welt finden, tritt auch im New-Age - Denken auf. Dort ist Erleuchtung mit Hilfe bestimmter Meditationstechniken im Wochenendseminar machbar. Kann diese Bewegung also ihre eigenen Versprechungen wirklich einlösen? Der Wiener Religionswissenschaftler Johann Figl beschäftigt sich in einem Aufsatz mit dieser Frage 34.

Er zeigt, daß die Analyse des neuzeitlichen Verständnisses von Mensch, Natur und Kultur durch Romano Guardini 35 und die Zielvorgaben für dieselben Bereiche durch die New-Age Protagonisten, wie etwa Fridtjof Capra und Marilyn Ferguson, in frappierender Weise übereinstimmen. Während Guardini, der ja mit New-Age gar nichts zu tun hat, damit aber die typisch neuzeitlichen Phänomene und Fehlentwicklungen charakterisiert, will das New-Age gerade auf diese Weise die Neuzeit überwinden.

Die New-Age Vordenker merken gar nicht, daß sie in ihrem Denken in den typisch neuzeitlichen Mustern bleiben. "Es kann also festgehalten werden, daß New-Age kein Ende der Neuzeit bedeutet, sondern eine Weiterführung von Grundzügen dieser Epoche." 36

2. Zusammenhänge Esoterik - Magie

Wichtig ist auch, den Zusammenhang von Esoterik und Magie zu beachten.

"Im magischen Weltverständnis wohnt allen Erscheinungen eine verborgene Kraft inne, ist die unbelebte, wie auch die belebte Natur Trägerin außergewöhnlicher Kräfte, die positiv oder negativ wirken und derer sich der Mensch bemächtigen kann. Die Fähigkeit, diese Kräfte zu übertragen, schreibt man der Sprache, der Schrift, bestimmten Symbolen oder einfach der Berührung mit kraftgeladenen Dingen zu ... Faktisch erhebt der Magier den Anspruch, über Gott oder über das Göttliche verfügen zu können, macht er die bösen und die guten Geister zu Handlangern des Menschen. Damit bekennt er sich zu einer Weltsicht, die den höheren Religionen und besonders dem Christentum jedoch, zumindest prinzipiell, fremd ist...

Im magischen Denken unterscheidet man Glücks- und Unglückszahlen und -zeichen. Die Zahl 13, die Spinne und die schwarze Katze sollen Unglück, der Schornsteinfeger, das Hufeisen, das vierblättrige Kleeblatt, das verschüttete Salz, das Maskottchen und Scherben hingegen sollen Glück bringen ... Magischem Denken entspringt auch der Brauch auf Holz zu klopfen und den Daumen zu halten, um Unglück abzuwenden...

Die Esoterik erklärt die Wirkungsweise der Magie als die rechte Beherrschung der kosmischen Energie. Für sie ist der Kosmos nämlich letztlich reine Energie (meint etwas völlig anderes als das, was die Physik darunter versteht), die sich auf verschiedenen Ebenen manifestiert und uns in immer neuen Erscheinungsformen begegnet ... Die gesamte Wirklichkeit ist in dieser Sicht von einer einheitlichen fluidalen Energie beseelt, die im Menschen, in höheren Wesen, in Naturgeistern und in den Seelen der Verstorbenen personifiziert erlebt werden kann ... Man erklärt, während der Mensch normalerweise nicht in der Lage sei, die verborgenen Energien bewußt und kontrolliert einzusetzen, lerne er in der Magie, sie mittels bestimmter Techniken planmäßig zu mobilisieren und in Dienst zu nehmen.

Heute wollen die Esoteriker den Bedeutungsgehalt der Magie vielfach anders fassen, gewissermaßen weniger primitiv, vergeistigter, aufgeklärter, wenn sie etwa die magischen Praktiken psychologisieren. Dabei berufen sie sich auf Carl Gustav Jung (+1961), den gefeierten Vertreter der Tiefenpsychologie, einen bedeutenden Vertreter der Esoterik, der davon ausgeht, daß magisch nur ein anderes Wort für psychisch ist" 37.

Typisch magisch ist auch die Vorstellung von der universellen Verbindung des Menschen mit der Natur und dem gesamten Kosmos. Der Mensch ist demnach Abbild der Schöpfung in Wesen und Bau, als Mikrokosmos im Makrokosmos von Natur, Himmel und Sternen. Durch innere Zusammenhänge soll eine Einwirkung aufeinander möglich sein. Innerhalb eines Teils des Menschen, so behauptet man, wäre der gesamte Organismus repräsentiert, etwa in der Ohrmuschel (Ohrakupunktur), der Iris (Irisdiagnostik) oder der Fußsohle (Fußreflexzonen).

Die Effekte einer Ohrakupunktur oder einer Fußreflexzonenmassage beruhen also nicht auf einer Harmonisierung entgegengesetzter Energien oder auf einer Besserung der Magenfunktion, wenn der Magenpunkt massiert wird. Vielmehr handelt es sich um unspezifische reflektorische Wirkungen und speziell im Fall der Fußreflexzonen um Entspannungseffekte, da ja die Fußmassage sehr angenehm ist. Spezifische Wirkungen sind rein spekulativ und nicht rational begründbar.

Unter Magie stellt man sich meist geheimnisvolle Rituale oder irgendwelche Zauberer vor. Das ist natürlich hier nicht mehr so. Es geht vielmehr um das dahinterstehende Denken und die daraus folgenden Handlungen. Sie begegnen uns heute im Rahmen bestimmter therapeutischer Anwendungen im Umgang mit Nadeln oder Stäbchen, in den Ritualen des Verschüttelns oder auch der Handauflegung zwecks Übertragung von "Energien", um nur einige Beispiele zu nennen. Auch technische Geräte, wie etwa die Bioresonanztherapie, sind, abgesehen von unspezifischen Reizwirkungen oder psychologischen Effekten, hier einzuordnen.

"Der magisch denkende Mensch glaubt, auf die Mächte und Verbindungen von Makro- und Mikrokosmos mit Hilfe der Gesetze von Antipathie und Sympathie sowie dem Gesetz der Entsprechung einwirken und sie seinem Willen dienstbar machen zu können" 38.

Man sieht, welch enge Zusammenhänge zu den Erklärungen des Wirkprinzips mancher komplementärer Methoden bestehen.

So kann man auch verstehen, warum die Anthroposophen vom Ätherleib sprechen, durch Akupunktur oder Shiatsu der "blockierte Energiefluß" in den Meridianen wieder durchgängig gemacht werden muß. Gegensätzliche "Energien" (Yin/Yang) sollen harmonisiert werden, Orte der Kraft aufgesucht werden. Homöopathische Präparate würden im "energetischen" Bereich angreifen. In den höheren Potenzen, erklärt man, wird durch das Verschütteln arzneiliche Materie in "geistartige Arzneikraft, nichtstoffliche Lebenskraft" umgewandelt, die dann ihrerseits das wirksame Prinzip wäre.

Wir sehen, daß sich die Ausdrücke zwar ändern, wie sehr das zugrundeliegende Prinzip aber gleichbleibt und sich letztlich im Rahmen magischer Vorstellungen bewegt.

Die Unvereinbarkeit mit dem christlichen Glauben erkennt man besonders gut daran, daß auch Zorn, Haß oder Aggression als energetische Störungen aufgefaßt werden und apersonal mit Globuli o.ä. behandelt werden. Die Dimension personaler Entscheidung, Schuld und Verantwortung wird eliminiert.

Magisches Denken und Tun wird wiederholt im Alten und Neuen Testament verurteilt 39. Die Kirche ist immer entschieden dagegen aufgetreten, weil es ein Mangel an echtem Glauben ist und eine Verfehlung gegen die Ehrfurcht vor Gott. Es bewirkt eine Veräußerlichung und Verfälschung der Religion und den Verlust der wahren Freiheit.

3. Esoterische Deutung der Krankheit

Die Esoterik lehrt, daß Krankheit Folge einer Disharmonie der kosmischen Energien im seelisch-geistigen, "feinstofflichen" Bereich ist, den man auch Ätherleib oder Aura nennt. Der Körper wird hier bloß als Empfänger der geistigen Bewußtseinsinhalte verstanden. Die Therapie besteht daher in der Wiederherstellung des inneren energetischen Gleichgewichtes und darin, die "kosmische Harmonie" erneut zum Schwingen zu bringen.

"Das geschieht entweder durch ein Medikament, das die fehlende Schwingungsfrequenz aufweist, oder durch direkte Einwirkung auf das gestörte Energiefeld mit Hilfe der verschiedenen Formen der spirituellen Heilung, etwa durch Handauflegung, durch Magnetismus oder durch Psychotherapie. Auch die Psychotherapie wird in der Esoterik als spirituelle Heilung verstanden. Demnach unterscheidet man zwei Richtungen der esoterischen Medizin, die medikamentöse (indirekte) und die nichtmedikamentöse (direkte) Heilmethode" (Schumacher, S. 82).

In dieses Konzept paßt auch die Homöopathie, die von den Esoterikern ausdrücklich akzeptiert wird, während sie die traditionelle Naturheilkunde ebenso wie die Schulmedizin kritisieren (vgl. Dethlefsen, a.a.O., S. 26).

"Die Energie, von der hier immer wieder die Rede ist, ist rein imaginär. Physikalisch ist sie nicht erkennbar. Sie ist nicht meßbar. Die Deutung der Krankheit als Gleichgewichtsstörung der im Menschen vorhandenen kosmischen Energien ist reine Spekulation. Sie beruht auf dem Grundaxiom der Esoterik, daß der Kosmos wesentlich Energie ist, daß auch Materie und Geist Formen von Energie sind. Das ist eine Position, für die es in der Wirklichkeit keine Anhaltungspunkte gibt" (Schumacher, S. 83).

Die Auffassung, daß der Körper nur Empfänger für geistige Bewußtseinsinhalte ist, stellt eine Teilung der Ganzheit des menschlichen Wesens dar und zudem eine Herabminderung des Leibes als etwas zweitrangiges.

Demgegenüber steht die katholische Sicht des menschlichen Wesens, wo Geist, Seele und Leib eins sind. Das ist auch praktisch wichtig, weil alle heilenden Zuwendungen, ein liebevolles Wort ebenso wie ein Dunstwickel, den ganzen Menschen erreichen.

Heil ist der Mensch nach esoterischem Verständnis, "wenn er sein wahres Selbst gefunden hat und einsgeworden ist, mit allem, was ist" 40.

Eine große Gefahr liegt daher auch darin, daß man sich auf der "Reise nach innen", der Suche nach dem "wahren Selbst" sehr auf sich selbst fixiert, auf eine Art "Selbsterfahrungstrip" gerät. Dies kann einen leicht egozentrisch werden lassen und die liebende und befreiende Selbstüberschreitung hin auf Gott und den Nächsten verhindern 41.

Verwirrend im Rahmen der esoterischen Krankheitsdeutung ist, daß zwischendurch auch Richtiges gesagt wird. So etwa, daß Krankheit Sinn vermitteln kann und angenommen werden muß, um bewältigt werden zu können.

Oft meint man zunächst wirklich, mit Hilfe der Esoterik einen Ausweg aus so mancher Krise finden zu können. Erst nach einer genaueren Auseinandersetzung erkennt man die Unvereinbarkeit mit dem christlichen Menschenbild.

Die gegenwärtige universitäre Medizin muß in organischer Weise vom einseitig naturwissenschaftlich - positivistischen Denken wegkommen. Dies kann aber nicht durch einen Sprung in die irrationale Antithese, wie sie die Esoterik darstellt, gelingen, sondern nur durch Wiedererschließung des verlorenen philosophisch - religiösen Gesamtzusammenhanges des christlichen Abendlandes.

Schlußwort

Ich habe mich bemüht, antike Diaita und christliche Aszetik vor dem Hintergrund der gegenwärtigen Bedingungen der sogenannten westlichen Welt als Beitrag zur Orientierung zu vermitteln.

In der geordneten Lebensführung liegt der Zusammenhalt und die Grundlage aller Einzeltherapien. Chirurgie und Pharmakotherapie sind unersetzlich wichtig, vor allem in der Akutphase vieler Erkrankungen. Wenn aber das Leben selbst ungeordnet und damit krankmachend bleibt, ist damit auf lange Sicht wenig auszurichten. Ohne Lebensänderung bleiben Maßnahmen, die in einem engen Rahmen oft sehr effektiv sind, auf lange Sicht ohne Wirkung.

Gerade in einer Zeit explodierender Kosten im Gesundheitswesen muß daher in Zukunft noch mehr Wert auf gute Krankheitsvorbeugung gelegt werden. Wenn diese nur darin besteht, statistisch erhobene Risikofaktoren zu vermeiden, wird sie den einen verwirren und den anderen zu sehr einschränken und schließlich ganz vernachlässigt werden.

Besser ist es, jeden Patienten individuell und gezielt auf die Grundlage eines geordneten Lebens zu stellen und ihn richtig anzuleiten; so kann der Sinn der Maßnahmen erkannt werden. Die Erwartungen müssen jedoch realistisch bleiben. Das Gesundheitsideal der Weltgesundheitsorganisation, völliges physisches, psychisches und soziales Wohlbefinden anzustreben, führt uns auf einen falschen Weg. An dieser Utopie muß man scheitern, wie der deutsche Physiologe Hans Schäfer festgestellt hat.

In der Gnosis bleiben wir in der eitlen Selbstbezogenheit des Heidentums (mit der ja ein sehr gutes Geschäft zu machen ist). Im Christsein bringen wir die Bemühungen um die Gesundheit in den umfassenden Rahmen des Heils und betreiben die Diätetik im Anschluß an die Tradition der alten christlichen Gesundheitsordnungen.

Die Schwächen der menschlichen Natur als Folge der Erbsünde müssen in jedem Fall berücksichtigt werden. Wesentlich ist auch die richtige Grundhaltung zu Krankheit, Leid und Kreuz.

Das bedeutet, den wirklichen Willen zur Gesundung zu haben. Es heißt aber auch, die Gefahr zu vermeiden, aus Selbstmitleid, selbstzerstörerischen Tendenzen, unbewältigten und verdrängten Problemen mehr oder weniger unbewußt das Asyl der Krankheit zu suchen. Oft werden sich solche Entwicklungen nicht vermeiden lassen; wir dürfen dann aber nicht darin stecken bleiben, sondern müssen weitergehen.

Genauso gilt es aber, die Grenzen der Heilungsmöglichkeiten anzuerkennen und dort, wo es unvermeidbar ist, das Kreuz anzunehmen und zu tragen. Gelingt uns dies, werden wir auch den Sinn des Leidens nach und nach immer tiefer erkennen. Je mehr wir uns jedoch am Kreuz vorbeidrücken wollen, desto mehr wird es uns zur Last.

Schon bei den Kirchenvätern werden diese Fragen behandelt.

Krankheit ist für den Gerechten Bewährung und Verdienst (Hiob, Lazarus). Den Sünder kann sie zur Strafe treffen und ist Bedingung zur Besserung. Leiden bewahrt vor der Sünde und ist Vorbote des Jüngsten Gerichts 42.

"Krankheit bedeutet unter dem Sinnaspekt nach der Sicht der Kirchenväter keinesfalls Seinsminderung oder bloßen Verlust von Lebensqualität, sondern im Gegenteil Verinnerlichung und Vertiefung menschlichen Daseins" 43.

Verursacht durch einseitige Überbetonung der Naturwissenschaft, hat es in der Medizin viel Kritik an übertriebener Technisierung und Entmenschlichung gegeben. Vielerlei Heilmethoden werden heute als "sanft" propagiert, um hier einen Ausgleich zu schaffen. Die Geistesströmung des New-Age erhebt sogar den Anspruch, durch ein neues Denk- und Bezugssystem die Übel der modernen Welt von Grund auf zu überwinden, ja überhaupt ein neues Zeitalter einzuläuten 44. Eine genaue Analyse dieses Denkens ergibt jedoch, wie wir gesehen haben, daß hier altes, gnostisches Gedankengut in neuem Gewand wieder auftritt. Es wird kein Zeitalter des Wassermanns geben und schon gar kein neues Zeitalter.

Die weltbewegende Wende ist bereits geschehen: die Erlösung durch Christi Tod am Kreuz. Sie hat den neuen und ewigen Bund begründet. Alles andere ist Illusion und führt uns nicht zur Wahrheit, die allein in Christus ist. Das Ziel des esoterischen Weges ist die Selbstvergottung des Menschen. Im Christentum steht ihr die gläubige Anbetung Gottes und Unterwerfung unter Seinen Willen gegenüber.

Der Hochmut ist es, der zur Selbstzerstörung der Welt und Menschheit (vgl. Offb 11, 18) geführt hat. Es ist der Mensch, der wie Gott sein, ihm nicht mehr dienen wollte. Genau zu dieser Selbstvergottung führt auch New-Age! Wie soll es da die grundlegende Ursache beseitigen können? Der Christ glaubt an die Auferstehung des Fleisches zu einem verklärten, vollendeten Leib, eine ewige Schau Gottes "von Angesicht zu Angesicht", eines Gottes, der uns gesagt hat, daß jeder Name in seiner Hand geschrieben steht. Nur so kann ein wirklich ganzheitliches Denken durchgehalten werden, das nicht Geist und Körper trennt. Die falsche esoterische Lehre, daß letztlich alles Bewußtsein ist, mindert das Körperliche herab.

Die Auferstehung des Fleisches, an die wir glauben, ist das Gegenteil vom Aufgehen im Nirvana, in irgendeinem göttlichen Prinzip oder anonymen Geist.

Es ist heute besonders wichtig, die falsche Mystik der Esoterik rechtzeitig zu erkennen, um sie zu entlarven und ihre Irrwege aufzuzeigen: "Seht zu, daß Euch niemand durch die Weltweisheit und eitle Täuschungen einfange. Sie gründen sich auf menschliche Überlieferungen, auf die Elemente des Kosmos und nicht auf Christus" (Kol 2, 8) 45.

Die Parallelen zur Gegenwart sind offensichtlich. Die Medizin ist heute in verschiedene, ganz unterschiedliche Denksysteme zerfallen. Die "ganzheitliche" Medizin ist ein Sammelbecken verschiedenster Richtungen mit buddhistischem, hinduistischem, materialistischem, anthroposophischem oder einem sonstigen Denken als Hintergrund. Auch wenn wir ganz zwangsläufig dafür angegriffen werden, müssen wir als Christen gerade auch hier den Absolutheitsanspruch erheben, daß es nur einen wahren Weg gibt. Wenn unser christlicher Weg, der Wahrheit und Leben ist, auch mit Rückschlägen verbunden ist, wenn man sich auch immer wieder neu aufrichten muß, so steht doch das Ziel klar vor uns: Jesus Christus.

Wer diesen Weg geht, wird erkennen, daß nur er wirklich frei macht. Die dazu nötigen Gnaden vermittelt uns die Kirche in den Sakramenten. Auch die Gesundheit ist eine Gnade, um die man beten muß. Zur Umgestaltung in Christus leistet die Diätetik einen aszetischen Beitrag, der uns nicht nur allgemeine Ratschläge, sondern ein ganz individuelles Vorgehen aufgrund der differenzierten und individuellen Diagnostik ermöglicht. Christus hat viele Menschen geheilt, aber nicht alle. Mit den Heilungen ist immer innere Umkehr, Abkehr von der Sünde, Vergebung der Schuld verbunden. "Du sollst wieder sehen können, dein Glaube hat dir geholfen", sagte Jesus zum Blinden bei Jericho (Lk 18, 42).

Der Christ muß letztlich die Entscheidung über eine körperliche Heilung Gott überlassen. Gesundheit ist kein Recht, sondern eine Gnade, die uns Gott schenkt, wenn es für unser Seelenheil nützlich ist. Denn gerade hier gilt Gottes Wort: "So hoch der Himmel über der Erde ist, so hoch sind meine Gedanken über Euren Gedanken und meine Wege über euren Wegen."

Oft erkennt man im nachhinein, daß der Weg, den man zunächst nicht gehen wollte, der richtige war.

Gerade auch im gesundheitlichen Bereich ist mehr denn je eine Unterscheidung der Geister nötig. Beten wir um die Gaben des Hl. Geistes (Weisheit, Einsicht, Rat, Stärke, Erkenntnis, Frömmigkeit, Gottesfurcht). Lassen wir uns nicht auf der Flucht vor den Unvollkommenheiten der modernen Welt in eine Traumwelt der "besseren, idealeren und harmonischen" Zukunft entführen.

Die Esoterik als irrationale Erlebnisreligion schenkt dem Menschen die Illusion geistiger Autonomie, schmeichelt seinem Selbstbewußtsein (Schumacher), bringt ihn aber in einen Zustand, in dem er die zunächst oft richtig erkannten Probleme unserer Zeit - auch die der Medizin - nicht lösen kann.

All das müssen wir uns vor Augen führen, wenn wir die geistig-philosophisch-religiösen Hintergründe der verschiedenen "ganzheitlichen" Therapiemethoden richtig erkennen und beurteilen wollen. Der Weg des Christen geht zu immer größerer Nüchternheit und Wachheit.

Die natürlichen Grundlagen dafür können und müssen im Rahmen der Diätetik gelegt werden. Durch die Einübung eines maßvollen Lebens verbessern wir die Organfunktionen und entgiften den Körper. Vollendet können wir dann nur durch Gottes Gnade werden.

Um uns den Gesamtzusammenhang eindrucksvoll vor Augen zu stellen, möchte ich zum Abschluß den katholischen Philosophen Dietrich von Hildebrand zu Wort kommen lassen 46:

"Die wahre Bewußtheit, die ein unerläßliches Element der Persönlichkeit im höchsten Sinn ist und ein wesentlicher Bestandteil der Nachbildung Christi, ist eben Wachheit, ist Emportauchen aus allen Nebeln des Vitalen und Unbewußten zu der Helle des Logos, ist Durchleuchtetsein von dem 'lumen Christi'. Sie ist ein Reifen jener vollen Wachheit entgegen, die wir erst in der Ewigkeit besitzen werden, wenn das lumen gloriae, das Licht der Herrlichkeit uns umfließt, 'wenn wir nicht durch einen Spiegel rätselhaft sehen', sondern 'von Angesicht zu Angesicht', wenn wir 'nicht mehr stückweise erkennen', sondern so, 'wie auch wir erkannt ' sind. Für dieses Leben aber gilt: 'Wachet, denn ihr wisset weder den Tag, noch die Stunde!' 'Selig der Knecht, den der Herr wachend findet.'"

Literaturauswahl

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Cogliati Arano Luisa (Hrsg.), Tacuinum Sanitatis, Das Buch der Gesundheit, Einführung von H. Schipperges, München 1976

Coreth Emerich, Was ist der Mensch? Grundzüge einer philosophischen Anthropologie, Wien 1980

Cortés Juan Donoso, Briefe, parlamentarische Reden und diplomatische Berichte aus den letzten Jahren seines Lebens (1849-53), hrsg. und eingeleitet von Albert Maier, Köln 1950

Denzinger H. - Schönmetzer A., Enchiridion Symbolorum, Definitionum et Declarationum, Freiburg 1965

Figl Johann, Ganzheitliches Denken am Ende der Neuzeit, Romano Guardinis These und die gegenwärtige New- Age-Diskussion, in Ganzheitliches Denken, Festgabe für Augustinus Wucherer-Huldenfeld zum 60. Geburtstag, Wien, 1989, S. 35-46

Guardini Romano, Das Ende der Neuzeit, Würzburg 1950

Guardini Romano, Die Sinne und die religiöse Erkenntnis, Würzburg 1958

Hildebrand Dietrich von, Liturgie und Persönlichkeit, St. Ottilien 1989

Hildebrand Dietrich von, Umgestaltung in Christus, Regensburg 1971

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Zimmermann Otto SJ, Lehrbuch der Aszetik, Freiburg/Breisgau 1929

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ANMERKUNGEN:

1vgl. Katechismus der kath. Kirche (KKK), Nr. 2292-2296

2vgl. Lorenzer Alfred, Das Konzil der Buchhalter. Die Zerstörung der Sinnlichkeit. Eine Religionskritik,

Frankfurt 1984

3Maurer N., Ganzheitsmedizin, in Handbuch für den Kurarzt, Hrsg. G. Weintögl u. O. Hillebrand, Wien 1995, 506-507

4Pilar, P. Clemens, Heilung durch das Kreuz, "Ganz werden" kann man nur in Gott, in Der Jünger Christi, Monatszeitschrift der Jüngergemeinschaft, Heft 2/96, S. 5

5Koch Heinrich P., Unger Astrid, Ganzheitsmedizin, Philosophie und Grundlage einer medizinischen Denkrichtung, Bd. 16 Wiener Int. Akad. f. Ganzheitsmedizin, Wien 1996, 62

6Wesiack W., "Ganzheitliche Medizin"-Die noch uneingelöste Forderung der Medizinkritik, zit. in Koch Heinrich P., Unger Astrid, Ganzheitsmedizin, Philosophie und Grundlage einer medizinischen Denkrichtung, Bd. 16 Wiener Int. Akad. f. Ganzheitsmedizin, Wien 1996, 63

7vgl. Körtner U., Dimensionen von Heil und Heilung, in Ethik in der Medizin (1996) 8, 34

8Schneider Winfried, Susanne atmet Kriege weg, in Die Presse, Spectrum vom 29./30. März 1997, S. I

9Körtner U., a.a.O., S 35

10Hl. Pius X, Kompendium der christlichen Lehre, Rom 1906

11KKK, Nr. 357

12KKK, Nr. 365

13KKK, Nr. 368

14Thomas v. Aquin, In Aristotelis librum de anima, L. III, l. XIII, 790; Turin 1959, S. 187

15Thomas v. Aquin, Summa contra gentiles lb. II cp. 87 n. 6; zit. n. S. Thomae Aqu. opera omnia, Bd. 2, Stuttgart-Bad Cannstatt 1980, S. 55 (Übersetzung der Thomas-Zitate: A. K. Wucherer-Huldenfeld/Skriptum Phil. Anthropologie)

16Coreth Emerich, Was ist der Mensch? Grundzüge einer philosophischen Anthropologie, Wien 1980, 147-148

17Donoso Cortés Juan, Brief an Kardinal Fornari, in Briefe, parlamentarische Reden und diplomatische Berichte aus den letzten Jahren seines Lebens (1849-53), hrsg. und eingeleitet von Albert Maier, Köln 1950, 161-162

18nach: Schönborn Christoph, Görres Albert, Spaemann Robert, Zur kirchlichen Erbsündenlehre, Stellungnahmen zu einer brennenden Frage, Freiburg 1991

19in Schönborn, Görres, Spaemann, Zur kirchlichen Erbsündenlehre, 28

20H. Denzinger-A. Schönmetzer, Enchiridion Symbolorum, Definitionum et Declarationum, Freiburg 1965, 1512

21Gregor v. Nazianz, II. Rede, 22

22vgl. Zimmermann Otto SJ, Lehrbuch der Aszetik, Freiburg/Breisgau 1929, 1

23Hl. Bernhard v. Clairvaux Ep. 254 ad abb. Guarinum n. 3: Migne, Patr. Lat. Tomus 182, 460

24vgl. Schipperges H., Geschichte und Entwicklung der Diätetik, in Physikalische Medizin und Rehabilitation 9. Jg., Heft 10, 1988

25Dalbosco Mario: "Der Naturfreund", unveröff. Manuskript

26Dem Hl. Ignatius zugeschrieben

27vgl. Hebr. 5,13: Wer noch Milch braucht, versteht sich nicht auf die Redeweise der Erwachsenen. Er ist eben noch ein unmündiges Kind. Für gereifte Erwachsene ist die feste Nahrung da, für solche, die infolge ihrer Übung schon geschulte Sinne besitzen, um Gut und Böse voneinander zu unterscheiden.

28Guardini Romano, Die Sinne und die religiöse Erkenntnis, Würzburg 1958, 45-46

29"Esoterikboom, Das Geschäft mit der Seele, in "Medizin populär"Nr. 6/1996, Monatszeitschrift hrsg. von der Österreichischen Ärztekammer, S.10-12

30Schumacher Joseph, Esoterik - Die Religion des Übersinnlichen, Paderborn 1994, 21-22

312 Joh 7-11; Kol 2,8

32Brunelli Lucio, Der Glaube der Apostel genügt dem Gnostiker nicht, 30 TAGE, Nr.11, 1994, S. 58

33Borghesi Massimo, GNOSIS, Die unvermeidliche Folge eines Mangels, 30 TAGE, Nr.11, 1994,S. 58

34Figl Johann, Ganzheitliches Denken am Ende der Neuzeit, Romano Guardinis These und die gegenwärtige New-Age-Diskussion, in Ganzheitliches Denken, Festgabe für Augustinus Wucherer-Huldenfeld zum 60. Geburtstag, Wien, 1989, S. 35-46

35Guardini Romano, Das Ende der Neuzeit, Würzburg 1950

36Figl J., A. a. O., 42

37Schumacher Joseph, Esoterik - Die Religion des Übersinnlichen, Paderborn 1994, 47-50

38König Reinhard, Sanfte Heilverfahren, Geistige Heilung, Akupunktur, Homöopathie, Irisdiagnostik, Pendeln und Wünschelrute, Chiropraktik u.a., Stuttgart 1987, 149

39vgl. Lev 19,31; 20,6; Dtn 18,10-14; Apg 8,9-13; Gal 4,8-11

40Dethlefsen Thorwald, Dahlke Rüdiger, Krankheit als Weg, München 1983, 127

41vgl. Lk 17, 33: Wer sein Leben zu bewahren sucht, wird es verlieren; und wer es verliert, wird es als Leben gewinnen.

42vgl. Gregor v. Nyssa, Große Katechese, Kap. 8; Ambrosius v. Mailand, De poenitentia lib.I, 63

43Maier Barbara, Zum Verständnis von Krankheit und Heilkunst in frühchristlicher Zeit, insbesondere bei den kappadokischen Vätern, fachtheol. Diplomarbeit, Wien 1991, 16

44vgl. dazu das Kapitel New Age, Ein Brennpunkt der Esoterik der Gegenwart, in Schumacher Joseph, Esoterik - Die Religion des Übersinnlichen, Paderborn 1994, 243-295

45vgl. dazu: Robert A., Feuillet A., Einleitung in die Hl. Schrift/NT, Wien 1964, Der Kolosserbrief, Kap. 4, Die Irrlehre, 451-452

46Hildebrand, Dietrich von, Liturgie und Persönlichkeit, St. Ottilien 1989, 80